Tanz in den Mai?

Oder Tanz auf der Welle?
01. Mai 2023 * 7:00 Uhr * 82 Seemeilen.
Nein, wir tanzen nicht, stattdessen passieren wir just das Chagos Archipel und haben schon fast den 5. Breitengrad im Sack. Doch wir müssen noch mindestens bis zum 7., um ausreichend Passatwind zu erwischen. Dann können wir getrost nach Westen abbiegen und die Seychellen anpeilen, oder die Banane vervollständigen… 🍌
Nachtimpressionen:

Ist das nicht ein Müller ‘M’?

Ja, das ist mal Barfußroute heute Vormittag. Leichter, gleichmäßiger Wind von schräg hinten, keine nennenswerten Wellen, Musik von Amy Winehouse, Nora Jones, Katie Melua und anderen tollen Frauen. Wir liegen im Salon, mit Blick nach hinten, auf einen glitzernden Ozean. Fantastisch ❣️

Zu Ende. 😕 Ein düsteres Wolkenband schiebt sich über uns, die Sonne verschwindet. Ich schlafe heute tagsüber viel. Mein Knie wird etwas besser, kann aber auch an der Ibu liegen, die ich vorhin genommen habe. Gerade segeln wir nur mit dem Jib, der Wind hat total gedreht und kommt nun wieder von der Seite, was eher unangenehm ist. Auch der nunmehr starke Regen ist nicht wirklich schön!

Aber Yuti wird mal ordentlich das Salz abgewaschen. Auch nicht schlecht!

Da kommt es zu Pass, dass wir zur Wiederholung über unsere Rettungsmittel sprechen, und wie wir um Hilfe bei der Seenotrettung Bremen rufen können.
Die Nacht verläuft regnerisch und wir wechseln häufig zwischen Screecher und Jib. Ein Sturmvogel ruht sich wieder bei uns aus. Wir lassen ihn.

🌊🌊🌊

02. Mai 2023 * 7:00 Uhr * 74 Seemeilen Die Sonne geht auf, der Vogel ist weg, das Screecher ist draußen. Das Meer ist sehr schwabbelig und die Wellen 🌊 kommen seitlich. Sehr unangenehm, es fliegen auch mal Sachen durch die Gegend, wenn das Boot sich seitlich hebt und senkt, erst die eine Kufe, dann die andere und noch zusätzlich vor und zurück schwabbelt. Gut voran kommt man so auch nicht wirklich. Das macht dann auch die Sonne nicht schöner!

Wie eine Nussschale, die in den Fluten schaukelt.
Mein Knie tut weh. Nicht, dass nur mir immer was passiert! (Fingerschnitt, Verbrennung, Fußgelenk, Knie,…) Ne, ne, auch Klaus hat sich gleich zu Beginn, noch in Vietnam, eine klaffende Wunde am Fuß zugezogen und wusste nicht mal wie und woher. Seine Rübe stößt er sich immer mal wieder kräftig, und seitdem ist sein dünn behaarter Skalp sehr empfindlich und öfter mal sonnenverbrannt. Tja, das Bootsleben kann schon manchmal sehr gefährlich und schmerzhaft sein.
Wir haben das Hörbuch ‘Einsame Nacht’, von Charlotte Link, zu Ende gehört. Ich sage nur, sehr spannend und angenehm und toll von der Schauspielerin, Claudia Michelsen, gesprochen.
WO ist der Südostpassat??? Momentan kommt der Wind von 350 Grad. Also fast genau auf die Schnauze. Alles irgendwie durcheinander und sooo schnell wechselnd.
16:15 Uhr, der Wind dreht und kommt nun aus 180 Grad,… besser. Aber nein, wenig später wieder aus 190/200 Grad. Wie soll man da segeln???
Später am Nachmittag stellt “er” sich doch tatsächlich ein?! Der Südostpassat, jippie! 🥳 Jetzt machen wir richtig gute Fahrt. Das Screecher ist draußen und nun heißt es aufpassen, dass der scheinbare Wind nicht über 18 Knoten geht und möglicherweise noch das Segel zerreißt. Drum Augen auf! Da müsste dann schnell gehandelt werden, wir müssten vom Wind abfallen, um den Druck aus dem Segel nehmen zu können. Es geht in die Nacht. Die erste Wache ist wieder bei mir, die zweite bei Klaus, die dritte wieder bei mir. Und da hat er mich erwischt…

Soviel zu Augen auf… 👁️👁️ Das entspricht nun wirklich nicht den Anforderungen einer Nachtwache! 🫣

🌊🌊🌊

03. Mai 2023 * 7:00 Uhr * 90 Seemeilen Wie die Nacht, so auch der Morgen.
Südostpassat 👍
Screecher 👍
Segeln zwischen der 6. und 7. Breite 👍
Kein Sturmvogel über Nacht 👍
Immer noch keinen Fisch gefangen 👎
Knie tut weh 👎
Bestimmte Vorräte sind aufgemampft 👎
(Birnen aus, Kartoffeln weg, Bananen verspeist, Schokolade alle 😱, Kekse verkrümelt, den asiatischen Mr. Tom aufgefuttert)
Aber der Speed entschädigt für so manches. 5-6-7 Knoten, bei mittlerer Welle und 1,1 Knoten Strömung mit uns! Seeehr gut 😊! So sausen wir in die nächste Nacht. Ein Sturmvogel umkreist das Boot. Wale oder Delphine sehen wir nicht ein einziges Mal. Derweil hören wir einen weiteren Hörbuchkrimi, ‘Blutmond’. Bisher hat er uns aber noch nicht so sehr in seinen Bann gezogen.
Ein Sturmvogel sitzt nun wieder vorne links auf der Reling und verteidigt seinen Platz lautstark, als ein zweiter Platz nehmen will. Doch auch der setzt sich schließlich durch und wackelt auf der Reling hin und her. Die beiden erinnern mich an die zwei Vögel im Käfig, in Hitchcocks Film, ‘Die Vögel’.
Wir machen zwischenzeitlich richtig gut Fahrt und Klaus nimmt mal eine kleine Auszeit.

Toter Mann oder nur Schläfer? 🤭

Ich mache heute wieder die erste Nachtwache, von 20:00 bis sage und schreibe 01:00 Uhr. Und was soll ich sagen? Ich werde heute gar nicht müde…. Zzzz. 🤔

🌊🌊🌊

04. Mai 2023 * 7:00 Uhr * 142 Seemeilen Weiter geht’s. Unbeirrt zieht uns das Screecher weiter Richtung Ziel. Der Wind nimmt zu und zu. Unsanft werde ich geweckt, das Segel muss rein! Sofort! Okay, ich humpele an Deck. Der Druck lastet aber so enorm auf dem Segel, dass Klaus es nicht eingerollt bekommt. Das Jib muss raus, um Wind vom Screecher zu nehmen. Doch auch das Jib lässt sich nur unter großer Anstrengung und mit viel Muskelkraft herausziehen. Die Elektrowinsch ist ja noch vom Screecher belegt. 🥵 Doch Klaus ist stark, wenn auch unter lautem Ächzen, zieht er das Jib raus. Mit zusätzlicher Hilfe vom Motorvortrieb, schaffen wir es, das Screecher reinzuholen und zu sichern. Wir haben mittlerweile einen Wind von > 20 Knoten. Viel zu viel für ein Leichtwindsegel. Nun, nur noch mit Jib, segeln wir aber gerade mal 4 Knoten. Das geht nicht! 😅 Das Groß soll raus, aufs zweite Reff. Alles bei Nacht, wohlgemerkt! Ups, ich muss erstmal auf die Toilette. Klaus geht hoch aufs Dach, um den Segelsack zu öffnen. Bei ordentlich Wind und Welle, ein gefährliches Unterfangen‼️ Er schafft’s. Eigentlich ist das immer mein Job, aber mit dem Knieschaden derzeit unmöglich. So, Sack ist offen, Klaus wieder unten, und nun müssen wir in den Wind, um das Groß zwischen den vielen Befestigungsleinen des Sacks, mittig hindurch zu wurschteln. Wir brauchen mehrere Anläufe, bis das Groß soweit oben ist. Jetzt wieder auf Kurs und siehe da, wir fahren wieder 6 bis 7 Knoten. Die Mühen haben sich gelohnt. Wir sausen zu den Seychellen, mit viel mehr Wind, als angesagt. Yuti wird ordentlich hin und her geschmissen, da die Wellen nun wieder von der Seite kommen. 🌊
Ich bin gerade wiedermal auf der Toilette, da höre ich, wie eine Riesenwelle seitlich über das gesamte Boot geht. (Nein, meine Toilettenluke ist nicht offen!) Sie flutet das gesamte Cockpit. Ich höre die Wucht dieser Welle, Klaus ‘Ohhhhh’ und befürchte, dass sie bis in den Salon geschwappt sein könnte… Nein! Zum Glück nicht, und Klaus war auch nicht draußen. 😅 Aber das ein oder andere macht da schon mal den Abgang. Zum Beispiel ist die gesamte Werkzeugkiste auf den Boden geknallt und hat sich entleert. Genau da, wo mir der Hammer ins Holz geschlagen ist. Auweia 🫣. Aber, oh Wunder, es gibt keine weiteren Macken. Stattdessen tritt Wasser durch den Abfluss in meinem Bad, ein. Darf das das? Vielleicht drücken die kräftigen Wellen hoch? Beobachten!!
Passend zur Mittagszeit schlägt die Angel an, und die Schnur zieht raus, wie verrückt. Viele Meter, 100 Meter… Klaus setzt in seiner Not den Stopp, und plötzlich ist kein Widerstand mehr da. Die Schnur ist mit Fisch und Köder abgerissen. 😳 Die soll doch bis zu 80 kg halten. Was war da denn dran? Jetzt hat er den Köder samt Vorfach aber noch im Maul. Keine schöne Vorstellung! Klaus montiert nen neuen Köder und wieder rein mit ihm ins Wasser. Kurz hintereinander ziehen wir zwei kleinere Tuna aus den Fluten! Toll! Die gibt es dann morgen Mittag.
Bis 01:30 Uhr in der Nacht haben wir gut Wind. Dann verwandelt sich der Südostpassat in einen Westpassat. So geht es nicht mehr weiter. Wind von vorn… ☹️. Screecher rein, Jib raus und mit 2,5 Knoten fahren wir nun eine Sägezahnlinie. Das heißt, wir kreuzen mehrfach. Später nehmen wir noch beide Motoren dazu und machen gleich auch noch Strom. Durch den oftmals bedeckten Himmel ist die Hausbatterie ziemlich unten. Klaus stellt erschrocken fest, die Batterien laden gar nicht. Ups, was ist denn nun schon wieder los? 😟 Wir haben nur noch 30% im Speicher und Navigation, Autopilot und Radar brauchen schon was! Und Wasser müssen wir auch baldigst machen… Nach längerem Hin und Her, Aus- und wieder Anmachen der Motoren geht’s dann doch. Beide Maschinen laden. 😌 Dieser blöde Windverlauf soll jetzt 1 1/2 Tage anhalten. Prost Mahlzeit.

🌊🌊🌊

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