Ein schreckliches Geräusch 🫨

Nach meinen vier Stunden Schlaf, eröffnet mir Klaus unser neu ausgemachtes Ankerziel. Nosy Mitsio soll es sein. Nosy Be ist immer noch viel zu weit weg. Nosy heißt übrigens Insel. Madagaskar ist nach Indonesien der flächenmäßig zweitgrößte Inselstaat der Welt und einer der ärmsten, mit ca. 30Millionen Einwohnern.

Madagaskar steht auf Platz fünf, der ärmsten Länder, einen Platz nach Somalia.
Der Wind hat übrigens gedreht und wir müssen ordentlich gegen ihn an dieseln.

11:02 Uhr, es piept recht leise, fünf mal. Was ist das?
11:10 Uhr, ein schrecklich lautes Geräusch erfasst unser Boot. Um Himmels Willen, was passiert gerade? Es rumpelt, ratscht, rappelt, ohrenbetäubend laut. Klaus stoppt augenblicklich die Motoren. Ein Fischernetz, eine Leine, ein Irgendwass zwischen unseren Propellern? Nach einigen Sekunden des Lärms, ein abruptes Ende. Wie aufgescheuchte Hühner durchsuchen wir das Boot. Gibt es irgendwo Wassereintritt? Nein. Lässt sich das Boot noch steuern? Ja. Gehen die Motoren? Ja. Sind beide Ruder noch da? Ja. Die Propeller und die Rümpfe können wir uns erst nach dem Ankern anschauen. Aber, wir haben Vortrieb, also muss da noch was propellern… Wir fahren weiter, gegen Wind und Welle. Da, fast gleichzeitig sehen wir es… Eine Wante ist total locker und hat sich von der Mutter losgedreht. Die Stahlseile links und rechts vom Mast, Wanten genannt, halten den Mast und haben somit eine sehr wichtige Aufgabe!

Die kleinere hat sich nach oben hin losgedreht. Bei der Tour, immer hart am Wind, fast kein Wunder. Das lässt sich einfach und schnell wieder festdrehen. Der Urheber für das schreckliche Geräusch, war das aber sicher nicht! Bevor wir uns dann später weiter nach Richards Bay/Südafrika vorkämpfen werden, muss Klaus unbedingt wieder zur Kontrolle in den Mast! Wir erreichen Nosy Mitsio.

Dolle Steinformationen begrüßen uns. Sehr alte Gesteine aus der Erdgeschichte lassen sich hier entdecken.

Auf der anderen Seite, vier Steinhaufen, wie eben ins Wasser geworfen.

Und dann der Strand, vor dem wir ankern wollen. Menschen sind auch zu sehen. Sie scheinen sich aber nicht für uns zu interessieren.

Jetzt ankern bitte!
Doch wo ist der Anker???😳 Der Anker ist weg und mit ihm 18 Meter Ankerkette. Ach du Scheiße! Wir schleifen Anker und 18 Meter Kette seit Stunden hinter und unter uns her. Hoffentlich ist der Anker im Fallen nicht gegen das Boot und ins Fieberglas geknallt!!! Oder in einen Propeller… 🫢. Klaus drückt die Ankerwinsch, nichts passiert. Weiteres Fahnden ergibt, die Sicherung ist rausgeknallt. Jetzt fügt sich eins zum anderen. Das Rausrauschen des Ankers erzeugte das schreckliche Geräusch. Das abrupte Ende kam durch das rausfliegen der Sicherung. So, nun muss der Anker aber irgendwie wieder hoch. Sicherung ist drin, Anker ist oben. 😅 Aber so etwas darf nicht passieren!!! Der Anker darf nicht mir nichts dir nichts runterfallen!!! Die Elektronik hat nen Haschmich. Dem Sensor fehlt das Tuning … Hä? Jetzt, beim Ankerversuch, rauscht die Kette 25 Meter raus, ohne das Klaus sie vom Steuerstand aus stoppen kann. Zum Glück haben wir an Deck noch zwei Fußtaster, mit denen die Ankerwinsch bedient werden kann. Damit gelingt es uns nun endlich zu ankern. 🥵 Schnell springe ich ins Wasser, um nach eventuellen Schäden zu suchen. Ich finde nichts, außer sehr trübes Wasser und Quallen. Ich spüre es schon brennen. Nichts wie raus. Mein Gott, sind wir erledigt. Die Entsalzung des Bootes muss noch warten. Schnell koche ich Nudeln mit Gemüse und Tomatensauce, wir schlagen uns den Bauch voll und schauen, Starlink sei Dank, den letzten Teil von Luden. Eine Amazon Serie über St. Paulis Zuhälter, insbesondere den Schönen Klaus. Grins…
Abendstimmung. Jetzt haben wir wieder tolle Sonnenuntergänge am laufenden Band.

Die vielen Warnungen bezüglich der Madagassen wabern mir immer wieder durch meinen Kopf. Große Armut, viel Kriminalität… Was haben wir zu befürchten? Dazu die vielen Krankheiten, wie Pest, Cholera, Lepra, tropische Malaria, Dengue Fieber und, und, und… Mir ist doch sehr mulmig zu Mute. Zumal wir keine Malaria Prophylaxe haben. Wieso??? Wenn wir nur einen kurzen Urlaub machen würden, dann wär’s klar. Dann nimmt man vor, während und nach dem Urlaub ein schwach dosiertes Antibiotikum. Wir werden jetzt aber mehrere Monate in Malaria Gebieten sein. So lange können wir gar kein Antibiotikum nehmen. Unser Tropenarzt daheim, gab uns ein entsprechendes Antibiotikum zur Behandlung im Erkrankungsfall mit. Nur dann sollen wir es einnehmen. Also gut. Stattdessen sprühen wir uns ordentlich ein und sind ab Dämmerung möglichst nicht mehr draußen.
Wir mussten die Uhren wieder eine Stunde zurück stellen und sind nun nur noch eine Stunde vor Deutschland Zeit.
Trotz meiner Sorgen schlafen wir wie Steine, beide! 😴😴
Um Mitternacht gibt’s Ankeralarm. Ich kann einfach nicht reagieren, ich bin im Delirium. Irgendwann hört‘s auf. Warum? Weil Klaus hingegangen ist, um zu schauen. Grins… Wir sind wohl aus dem gesteckten Radius raus, aber nicht schlimm, der Anker hält.

Neuer Tag, neues Glück.
Kurz vor 8:00 Uhr kommt Klaus an meinem Bett vorbei und holt den Schrubber. Bootsputz? Ja, aber, ich will doch helfen… Klaus hat Bienen im Po und meint, ich würde ja gar nicht mehr aufwachen, er finge schon mal an…😶‍🌫️. Okay! Ich schäle mich mühsam aus dem Bettchen und wackel schlaftrunken an Deck. Dort greife ich zum Wasserschlauch und los geht’s. Er schrubbt, ich spüle… Das Boot sieht aus, wie eine in Salzkruste gebackene Kartoffel. Üüüberall kleben Salzkristalle und Salzschmiere. Das erfordert eine echt aufwändige Putzaktion. Plötzlich hört die Frischwasserpumpe nicht mehr auf zu pumpen, obwohl ich den Schlauch ausgestellt habe. Schnell nehme ich sie vom Strom. Was hat die denn jetzt wieder? Die ist ja noch gar nicht lange in Betrieb! Haben wir irgendwo ungewünschten Wasserverlust? Nein. Ist die Pumpe defekt? Vielleicht. Klaus fummelt ein bisschen an ihr herum und meint, der Druckschalter ist wohl kaputt. Ich finde heraus, wenn ich Wasser brauche und die Pumpe nicht mehr aufhört, nochmal kurz den Wasserhahn zu öffnen und zu schließen, dann hört die Pumpe auf. Na gut, kann man erstmal mit leben. Zwei Ersatzpumpen liegen noch im Schrank. Aber weiter putzen geht auch nicht, wir haben nur noch 130 Liter Frischwasser im Tank. Da muss der Wassermacher wieder ran, trotz trübem Wasser. Viele Schwebeteilchen sind unterwegs. Ja, so klare Wasserverhältnisse wie auf den Malediven, haben wir bisher nicht mehr vorgefunden. Wir warten mal zwei Stunden und putzen derweil drinnen weiter. Auch hier sind Salzschmiere und Kristalle zu Hause. Fenster von innen werden geputzt, gesaugt und gewischt, Geschirr abgespült, Salz- Staubkrusten entfernt. Da fällt mir auf, ich selbst bin ja noch gar nicht gewaschen. Uiuiui. Ab ins Bad!
So, 60 Liter sind gemacht, es geht wieder raus und wir waschen und schrubben weiter. Fertig ✅. Pause! Pause? Nö! Jetzt segeln wir 8 Seemeilen weiter in Richtung Nosy Be und wollen bei Nosy Baijina erneut ankern.
17:06 Uhr, wir sind da und ankern. Wow, klappt sogar wieder problemlos. 😊 Klaus hatte den Sensor der Ankerwinsch mit Süßwasser gereinigt. Das war’s. 👏Und dann sehen wir doch tatsächlich ein kleines, kuscheliges Resort vor uns am Strand. Nett! Ein bisschen wie Robinson Crusoe.

Schnell wird’s dunkel. Aber sie haben Strom und Internet!

Ich will gerade eine leere Wasserflasche in unsere „Plastikmüll Luke“ werfen, da springt mir was ins linke Auge. Schreck, was war jetzt das? Es brennt und zwickt teuflisch. Ich spüle am Waschbecken, tropfe Feuchtigkeitstropfen und blinzel. Es nützt alles nichts, das Auge schmerzt und pikst stark. Klaus möchte gerne Augenarzt spielen und zieht eine kleine Plastikspritze mit Trinkwasser auf, um mein Auge zu spülen. Er macht es tadellos, nur der Erfolg bleibt aus. 🙁 Ich versuche mein Auge nicht so viel zu bewegen, denn so kann ich es aushalten. Mir wird bewusst, wie schwierig die Lage würde, sollte mal was wirklich Schlimmes passieren und wir, so wie jetzt, tausende Meilen von guter medizinischer Versorgung entfernt sind. Beunruhigend! Der Rat, vorsichtig zu sein ist auch nicht sooo hilfreich, denn Sachen passieren einfach, auch vorsichtig. Hier, auf Madagaskar, wird dann eben einfach gestorben. Fertig. Krankenversichert sind gerade mal 10 Prozent, die anderen müssen vor Behandlung zahlen oder erstmal einen Arzt überhaupt erreichen. Wer das nicht kann hat no Chance. Trotzdem erreichen die Madagassen ein durchschnittliches Alter von Mitte 60, die Männer und Ende 60, die Frauen.
Wir schwojen dagegen munter im Wasser umher. Wäre auch kein Problem, wenn nicht 20 Meter von uns entfernt ein Riff sein sollte, laut Google Maps. Auf anderen Kartensystemen ist da nichts, aber wer weiß das schon so genau. Jetzt wird’s doch zu arg und wir holen fünf Meter Kette wieder rein um unseren Ankerkreis zu verkleinern. Das übrigens mitten in der Nacht. Nach dieser nächtlichen Aktion, oh wie schön, pikst mein Auge nicht mehr. 😀 Sagte ich schon was zum Rücken? Dem geht’s echt besser, wenn auch noch nicht zu 100 Prozent, und morgen früh geht’s nach Nosy Be.🫡

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