Die Zeit auf St. Helena geht schon wieder seinem Ende zu. Ganz zeitig wollen wir heute Morgen ausklarieren. Nichts wie los. Auf unserem Weg von Yuti zum Land, begleichen wir als erstes unsere Rechnung beim Ferry Boat. Klaus hatte gestern noch sein Guthaben auf der Touristenkarte, in der Bank, in Cash umgewechselt. Um 8:30 Uhr stehen wir vor der Immigration Lady stramm und bekommen den Ausreisestempel in den Pass. Zack bum 🕹️, fertig! Dann geht’s zum Harbour Master, wir zahlen 35,- Pfund, das war’s. Fertig! Zum Schluss besuchen wir das Customs Office, füllen ein Formular aus und bekommen das wichtige Port Clearance Papier, für den nächsten Hafen. Das war’s, echt easy peasy ❣️Fertig! Es ist kurz vor 9:00 Uhr, wir haben noch 60 Pfund und ganz viel Zeit. Denn ablegen werden wir erst morgen früh. Das ist hier so usus und überhaupt kein Problem, obwohl wir ja nun komplett ausklariert sind. Gut, was machen wir beiden denn jetzt mit uns und unserem Restgeld? Ein Frisörbesuch wäre ganz nett und eigentlich auch nötig. Der macht aber erst um 10:00 Uhr auf. Dann warten wir eben solange und setzen uns auf eine Bank. Mit Rumlaufen ist bei mir nicht mehr viel, mein linker Fuß ist im Eimer… 🪣. Ich kann nur noch langsam vor mich hin humpeln. 😞 Die Schmerzen sind so wie bei einem Fersensporn, nur eben seitlich, außen. Zu blöd! Aber ein Eis kann ich dann doch noch für uns holen… 😉. Kurz nach 10:00 Uhr, der Frisör hat offen, wir fragen nach. Ja, in drei Wochen wäre der nächste Termin zu haben. What??? Ja! Nein, er könne uns nicht irgendwo dazwischen quetschen. Schade ☹️. Dann eben nicht, da werden wir halt zu Beatles. Wir könnten uns auch noch von dem Restgeld mit nem Taxi über die Insel fahren lassen und doch noch das Longwood House von Napoleon besichtigen. Ah, das Longwood House ist heute geschlossen, erfahren wir im Touristenoffice und Taxis stehen zwar da, aber Fahrer sind nicht zu entdecken. Okay, dann eben auch das nicht. Nun sitzen wir wieder auf der Bank wie Pat und Patachon und glotzen uns fragend an. Da vorne ist doch das Napoleon Café, da könnten wir es uns ein wenig gemütlich machen. Gesagt, gehumpelt. Ach, das ist ja nett hier.



Die Zeit ist auch hier augenscheinlich stehen geblieben. Alter englischer, etwas angestaubter Charme, weht durch die Räume. Auch mein Brownie hat reichlich Zeit bekommen und staubt im Mund trocken von rechts nach links. Hmm… Dafür unterhalten wir uns sehr angeregt mit einem Einheimischen, auch, wenn wir nicht alles verstehen. Das gesprochene Englisch ist mit einem Dialekt versehen, ähnlich wie bei den Sch’tis in Frankreich. 😂 Dann knautscht auch Klaus noch seinen Apfelstrudel hinunter. Die Wände hier sind behängt mit Napoleon Bildnissen. Kein Plätzchen ist mehr frei.


Und ich forsche nach, wie es Napoleon, dem lästigen und berühmten Gefangenen wohl so ergangen ist? So viel vorweg, nicht gut. 1815 kam er mit 46 Jahren auf die Insel, die er von der ersten Sekunde an verabscheute. Nun wurde ihm ausgerechnet in der regnerischsten Region, in Longwood, da, wo wir gestern im Dauerregen herumgelaufen sind, ein vergammeltes Farmhaus zugewiesen, Longwood House. Ich hasse Longwood, war einer seiner Ausrufe.

So hübsch sah es hier 1815 sicher nicht aus. Darüber konnten auch keine kristallenen Lüster hinwegtäuschen.

Napoleon und seine Entourage litten unter Regen, Nebel, Wind und schlechter Laune. Da halfen auch keine geharnischten Beschwerdebriefe nach London und in die Welt. Das sicher unangenehmste waren die zahllosen Ratten, die, wenn diniert wurde, ungeniert um den Tisch herum liefen. 🐀🐀🐀🐀🐀🐀🐀🐀🐀🐀🐀🐀🐀Man witzelte schon über Napoleons neue Armee. Was mich sehr überraschte, war, dass man 2.500 Mann Soldaten nach St. Helena abkommandierte, um Napoleon zu bewachen, und zwei Kriegsschiffe vor der Insel patrouillieren ließ. Wie hätte er denn fliehen sollen? Und wohin? Tausende von Seemeilen nur Wasser, Wasser und nochmals Wasser…Nun ja, ein Jahr später wurde Napoleon schon krank und verließ immer seltener das Haus. Er solle doch Gartenarbeiten machen, um zu gesunden…

In den kommenden 5 Jahren befasste er sich mit der Niederschrift seiner Sicht der Dinge auf die Geschichte und seinen Einfluss auf diese. Wobei er diktierte, in ellenlangen Monologen, und schreiben ließ.

Auch standen ihm tausende Bücher zur Verfügung. Im sechsten und letzten Jahr seines Lebens, wechselte er nur noch zwischen Bett und Sofa,

konnte kaum noch etwas essen und verstarb 1821 mit 52 Jahren. Eine schwere Hepatitis und ein zerstörerischer Magenkrebs hatten ihm ein Ende bereitet.

Er wurde auf St. Helena beerdigt, Jahre später aber triumphal nach Frankreich zurückgeholt. Das hatte er noch zu seinen Lebzeiten vorhergesagt. Seit 1840 ruhen seine sterblichen Überreste nun unter der Kuppel des Invalidendoms in Paris. Friede sei mit ihm….
Und wir? Wir widmen uns jetzt mal unserem letzten großen Einkauf. Und zwar in dem Supermärktchen, wo wir mit Kreditkarte bezahlen konnten.
Wasser mit und Wasser ohne, Wasser zum Kochen und Bitter Lemon, Milch, Kartoffeln und Tomaten, Corned Beef und Tunfisch in Dosen, Aufschnitt und Toastbrot, haltbare Joghurts und Libbyfrüchte, Frosties und Müsliriegel und Toilettenpapier werden zu Paketen verpackt und an den Hafen geliefert. Das ist gut. So müssen wir die Dinge nur noch ins Taxiboot und wieder an Bord von Yuti hieven. Das schaffen wir gerade noch so. Dann geht’s wieder ans Verstauen der vielen Sachen. Leider konnte ich außer Tomaten, Kartoffeln und einem Butternusskürbis nichts frisches erstehen. Zum Glück habe ich noch Weißkohl, Möhren, Äpfel und Birnen aus Südafrika in der Kühlung. So wird es schon klappen bis Brasilien. Zur späten Mittagszeit fahren wir noch einmal an Land, gucken wieder beim Frisör vorbei, nein, es bleibt dabei, er hat keine Zeit für uns. Bähhh…. Und besuchen das berühmte Restaurant…


Es ist beliebt bei allen Weltenseglern, die hier vorbeikommen. Oft hinterlassen sie ihre Heimatflaggen mit nem Spruch und ihren Unterschriften. Eine Erinnerung für alle, dass sie hier gewesen waren. Wir machen das nicht, es ist alles mehr als voll… Aber einmal hier gewesen sein, das wollten wir dann doch und bestellen uns ein spätes Mittagessen. Jooo, war jetzt nicht so wahnsinnig lecker… Wie war das noch gleich? Das Essen in England ist nicht so der Knaller? Könnte ich hier auch unterschreiben. Ein letztes Mal schleppe ich mich zum Hafen, ein letztes Mal geht’s zurück an Bord. Tschau, netter Ferrymann, tschau, tschau….
Tja, jetzt müsste Klaus eigentlich noch schnell ins Wasser… Besser, er schaut noch kurz nach dem Anker. Die Sonne scheint, das Wasser ist klar, und er könnte nachschauen, ob sich unsere Ankerkette um einen Felsen gelegt hat. Vom Geräuschpegel her glauben wir das nämlich. Also gut, er spring rein und taucht. Ja, die Kette liegt um einen Felsen herum, ist aber wohl nicht wirklich schlimm. Da muss ich ihn beim Ankerlichten morgen gut dirigieren, um die Kette sanft zu lösen. Machbar! ABER, SCHOCK, die Gummimanschetten um die Saildrives haben sich abgelöst. BEIDE! Sie hängen schlapp und wabbelig herunter und geben nun den Weg frei zur Hauptmanschette, die den Eintritt des Wassers ins Boot verhindern soll.

Das heißt, sie sind jetzt ungeschützt. Salzwasser, Algen, Muscheln und Getier können sich nun an den Hauptmanschetten zu schaffen machen. Und wir können nichts dagegen tun. Haben die Jungs ⬇️

den falschen Kleber genommen? Oder haben sie nicht gut gearbeitet und die Klebefläche unzureichend vorbereitet? Fakt ist, die Gummis sind ab und nutzlos. Schöner Scheiß‼️ Und dreimal darf man raten, wie das wieder repariert werden kann? Genau, das Boot muss erneut raus… Wieder ein Haul Out… 😤🤬😤🤯🤬😡😫🥵😳😠😣😖🫣🤯😡😩🤬😤.
Ich bin ja mal gespannt ob die Jungs auch bei den anderen Dingen geschludert haben? Vielleicht ist das Saildrive Öl ja auch schon wieder trübe?? Auf jeden Fall müssen wir uns erneut um ein mögliches Haul Out in Brasilien kümmern. Oder um ein gefahrloses Beachen… Sooo nervig!!! Betrübt, ob der bösen Überraschung, gehen wir in unsere letzte gute Nacht. 😴 Auch heute muss ich nochmal ein schönes Foto von unseren Nachbarbooten schießen.

Gute Nacht mein tapferer Kapitän. Gute Nacht mein kleiner Maat mit dem kaputten Fuß. Morgen stechen wir wieder in See… 🌊🌊🌊 ⛵️ 🌊🌊🌊🌊
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