22.01.2023, Tag der Immigration

Wir stehen um 6:00 Uhr auf, um uns einigermaßen herzurichten und das Dinghy startklar zu machen. Etwas später meldet sich Mr. PC mal wieder und erinnert uns an den Termin zur Immigration. Wie eine Mama, die ihre Kinder weckt. 😉 Poah, bin ich noch müde. Obwohl die Nacht an unserem Ankerplatz endlich wieder ruhig und angenehm war, bin ich noch nicht wirklich da. Mir ist schwindelig und wackelig und meine Augen schielen noch irgendwie. Wir diskutieren gerade wo wir denn nun eigentlich hin müssen. Einmal gibt es eine GT Jetty und zweitens einen Town Peer. Aber wo ist Town Jetty? Nach unserem Plotter müsste Town Peer bei 52 Grad liegen. Das Fernglas wird ausgepackt und ich suche. Da ist aber nichts bei 52 Grad. Komm, wir fahren jetzt mal rüber. Es sind ca. 600 Meter zu überwinden. Paddeln oder mit Motor? Klaus ist fürs Paddeln, ich fürs Motoren. Na gut, dann mit Motor. 🙂 Also wieder Motor anbringen, Dinghy zu Wasser lassen, alle Papiere, Geld, Kreditkarten und Pässe mitnehmen und los geht’s. Wir peilen mit dem Handy zum Town Peer. Ups, was ist das denn? Der ist ja völlig verrottet und zusammengebrochen. Der kann es nun wirklich nicht sein! Etwas weiter links liegt der Passengers Jetty. Dort liegen auch alte Kutter. Mr. PC sagte doch gestern etwas von Booten. Na dann probieren wir jetzt den mal aus. Drei alte Männer mit kaum Zähnen im Mund weisen uns an, an einen der Kutter heranzufahren, machen uns fest und helfen uns an Land. Sie sind sehr hilfsbereit und freundlich. Wir sind hier wohl richtig. Hier gibt’s den Harbour Master, Polizei und Sicherheitskräfte.

Hier ist mal fürs Erste unser Dinghy gut festgebunden.

Aber jetzt die Frage aller Fragen: Ist unser Agent auch da? Es steht ein jüngerer Mann bereit, lächelt uns freudig an und bejaht Klaus‘ Frage, ob er der von uns engagierte Agent sei! Hurra 🥳, klappt ja alles. Er schnappt sein Rad und führt uns zu einem Restaurant, wo wir frühstücken, duschen und Wäsche waschen können. Gut zu wissen. Frühstück aber erst nach der Immigration, bitte. Ich denke er holt jetzt unsere Papiere, da hält er uns die Speisekarte unter die Nasen. Was ist jetzt das? Sind sie wirklich unser Agent? Nä (Nein auf singhalesisch). 😵‍💫 Na sowas, da müssen wir aber ganz flott wieder zurück, um nach dem richtigen Agenten zu suchen. Der falsche schaut bedröppelt, wir aber auch. Hat der uns doch mal eben abgeschleppt… Wieder zurück sprechen uns die Sicherheitsleute an.

Einer bittet uns in sein Kabäuschen, kramt zwei Plastikstühle hervor und fragt nach unserem Agenten. Wir erklären ihm bei der Agentur GAC zu sein, unser Agent aber leider nicht da sei. Er, Mohamed, telefoniert und meint unser Agent käme in 10 Minuten. Eine Dreiviertelstunde später ist Mr. Sabril da. Juhuuu, das Procedere kann beginnen. Aber er, Sabril, der Arzt, der Harbour Master und der Immigration Officer müssten an Bord von Yuti. Ach herrje, die Vier und wir Zwei sind einige zu viel fürs Dinghy. Ach, wir sollten mit unserem Boot am Jetty festmachen? Oh ne, das ist ja umständlich. Dann fahren wir lieber 2 mal mit unserem Dinghy hin und her. Na juut, dad der Motor dran iss… 😄

Da liegt Yuti vor Anker.

Sabril mailt dem Arzt irgendetwas zu und siehe da, der Arzt muss schonmal nicht mit. Der Harbour Master auch nicht und da waren‘s nur noch vier. Passt. Alle rein ins Dinghy und ab zu Yuti. Nun, an Bord geht’s aber zur Sache. Ein 10 cm Stapel Papier muss ausgefüllt, unterschrieben und mit unserem kleinen YUTI Stempel abgestempelt werden. Gaaanz wichtig, obwohl da wirklich nur YUTI draufsteht. 🤭 Dann müssen noch einige Kopien gemacht werden und danach geht es wieder zurück an Land. Nun müssen wir noch ins Büro des Officers, dort bekommen wir unsere Stempel in die Pässe und zack, sind wir immigriert. Ha, ha, hat bestimmt 2 Stunden gedauert, exklusive unsere Wartezeit auf Sabril, und warum wir aufs Boot mussten bleibt mir unbegreiflich. Aber so sind hier halt die Regeln. Mr. Sabril bekommt seine Gebühren von 250,- US $, für die Agentur und alle offiziellen Stellen und jetzt dürfen wir uns 30 Tage frei in Sri Lanka bewegen. 😅

Also viel ist hier ja nicht los. Wir sind die ersten Segler in diesem Jahr.
Wir erfahren noch, dass heute Nachmittag ein weiteres, holländisches Boot ankommen wird. Toll! Da freuen wir uns aber sehr!

Jetzt wollen wir uns erstmal Geld (Rupien) holen und gaaanz wichtig, neue SIM Karten besorgen, damit wir wieder Internet haben. Ab in die Stadt Trincomalee, mit seinen 50.000 Einwohnern. Wir sehen sofort, die Menschen hier sind arm. Hier herrscht eine spürbar andere Atmosphäre als noch auf Phuket. Wir möchten uns gerne die Beine vertreten, werden aber alle paar Meter von Tuk Tuk Fahrern angesprochen, ob sie uns fahren dürften. Aber da sind wir auch schon bei einer Bank und ziehen erst einmal Geld. 400 Rupien entsprechen ca. 1 Euro.
Ach Gott, was läuft denn da auf der Straße herum?

Eine Kuh, die macht muh.
Sind wir denn hier in Indien?

Auch viele, sehr viele Hunde stromern herum, dünn, krank, heruntergekommen und Rehe und Rehböcke. Eine ungewöhnliche Kombination!

Ein junger Bock auf einem verwilderten Friedhof.
Wieder so ein angebliches Paradies, aber nicht für Hunde!

Überall liegen Tretmienen rum. Kuhfladen, Hundekacke und Klaus dappst auch gleich in eine rein. 😲 Dennoch wollen wir unser Tagesziel, eine SIM Karte zu bekommen, noch erreichen. Überall ist Werbung für die hier üblichen Karten, aber keiner kann uns eine verkaufen. Die Läden, die es könnten haben zu, denn es ist Sonntag. Mist!

Eine Einkaufsstraße von Trincomalee.
Auch hier klappt es nicht 😢

Am Busbahnhof soll es Karten zu kaufen geben. Wir laufen hin. Auch dort werden wir gezielt angesprochen. Ob wir Deutsche wären? Was wohl sonst? 😄 Er möchte uns helfen, führt uns zu einem Laden, aber auch der hat zu. Aber er könne uns zum Strand fahren, Roller vermieten, usw. Wieder bekommen wir eine Karte.

Die roten Busse sind städtisch, die blauen privat und verfügen über eine Klimaanlage. Ansonsten sind sie alle voll besetzt und recht unkomfortabel, aber extrem günstig. Wenn ein Bus abfahren will, schreit der Fahrer etwas mit ganz vielen sich wiederholenden Lauten, witzig.

Die Auslastungsrate der Mopeds ist hier auch wieder recht hoch. Den bisherigen Rekord hält aber Phuket mir 5 Personen.

Mehrere Dinge fallen uns auf. Hier fahren nur wenige Autos, dafür unendlich viele Tuk Tuks, recht viele Fahrräder und es gehen viele Menschen zu Fuß. Das bedeutet im asiatischen Raum, du bist sozial ganz unten. Auch ist sehr auffällig, dass hier fast niemand ein Smartphone in den Händen hält und surft oder dudelt. Was in den zuvor bereisten Ländern Gang und Gäbe war, selbst in den unmöglichsten Situationen.

So, jetzt haben wir aber Hunger. Da ist ein Sweet-Smoothie-Laden, den wir ausprobieren möchten. Wir kaufen Getränke, Eis und Frittiertes und können sogar an einem Tisch sitzen mit separatem Mülleimer. Das machen wir auch. Mülleimer sind hier nämlich Mangelware. Auch am Jetty ist nichts zu finden. Langsam haben wir aber schon einen ordentlichen Sack an Bord zusammen. Nun ja, wir lassen es uns schmecken und sind die Attraktion! Wo wir denn herkämen? Oh, Germany, all people from Germany are sooo friendley! Nettes Kompliment. Darauf hin bestellen wir jeder noch einen Smoothie, bezahlen und lassen ein gutes Trinkgeld da. Hat ja wohl funktioniert. 😆 Aber im Ernst, das Essen ist hier super billig, nur ganz wenige Euros werden für Essen und Trinken gebraucht. Auf unserem Rückweg besuchen wir noch die Markthalle. Supermärkte, ob klein oder groß, konnten wir noch nicht entdecken.

Die Ware wird auf dem Boden präsentiert. Es gibt kaum Verkaufsstände.
Getrockneter Fisch.
Hülsenfrüchte, Körner und Reis…

Kurz vor unserer Jetty entdecken wir eine Kombi aus Pharmacy und Minimarkt. Hier gibt es dann doch ein paar europäische und amerikanische Produkte. Gut zu wissen.
Jetzt wieder zurück zum Boot. Am Steg treffen wir erneut auf Mohamed, den Sicherheitsmann, und erzählen ihm von unserem Misserfolg hinsichtlich der SIM Cards. Er bietet uns sofort seine Hilfe an. Gut, wir geben ihm unsere Pässe, Geld, Handy und den Code fürs Handy. Puh, ganze schön gutgläubig, wir beiden! 🤓

Aber gegenüber ist ja gleich die Polizei.

Er saust sofort mit seinem Moped los und ist ne halbe Stunde später wieder da. Wir haben alles was wir brauchen, super! Dann können wir uns ja gleich bei unseren Familien zurückmelden. 🥳 Das Restgeld bieten wir ihm als Dankeschön an, wenn er mag! Er mag und seine Augen leuchten. Und dann sind die Holländer da❣️Rik und Sanne, ein jüngeres, sehr nett wirkendes Pärchen. Ich mag deutsch sprechende Holländer, das hört sich immer auch ein bisschen lustig an. Sie kamen auch von Phuket, gleiche Strecke, sie sind nur einen Tag später losgesegelt als wir. Sie sind sehr kaputt, müssen dringend schlafen und dann trinken wir ein Bier zusammen. Ha, ha,ha, wir und Bier.🤪 Aber ja, na klar! Der Agent, Sabril, ist da, um die Holländer einzuklarieren. Die Zwei haben übrigens gleich hier am Steg festgemacht, so dass die Offiziellen einfacher an Bord kommen können. Sabril bekommt mit, dass wir und auch Rik und Sanne Touren ins Landesinnere machen wollen. Daraufhin weist er uns darauf hin, dass die Boote nachts besser nicht allein gelassen werden sollten. Sicherheitsrisiko Fischer… Ach, dabei lasen wir gerade über die Sicherheit hier im Hafen von Trinco nur Gutes. 🤔 Da müssen wir uns wohl noch was einfallen lassen. Nichts ahnend, was das noch für eine Lawine an Angeboten und Verwirrungen lostreten würde. Aber dazu später…

Zurück an Bord dauert es gar nicht lange, da kommen drei junge Männer mit einem traditionellen Oruwa angepaddelt. Ein schmaler Bootskörper mit einem hölzernen Ausleger, wie ein Einbaum.

So sieht so etwas aus.

Sie sprechen mich an und betteln um Essen, sie hätten so Hunger. Was mach ich jetzt??? Ich versuche zu erklären, dass wir nichts für sie hätten, was auch stimmt, denn auf alte Möhren, Reis und abgestandene Cola sind sie bestimmt nicht scharf. Und Geld geben wir auf keinen Fall. Ich möchte nicht wissen, was dann hier los wäre… Sie zuckeln ab. Mir bleibt ein blödes Gefühl.
So, nun aber mal das Internet aktivieren und überflutet von Adrenalin und Sinneseindrücken rufen wir zu Hause an. ☎️

2 Kommentare

  1. Ihre Lieben,
    wir haben heute einen Andrea-Klaus-und-Yuti-Abend gemacht. :-)))
    Eure Geschichten sind ausdrucksstark und Ihr gebt uns einen facettenreichen Einblick in Eure Reise. Wie wunderbar! Danke!
    Natürlich sitzen wir auf dem Land, unter uns schaukelt es nicht, und doch dürfen wir aus der Ferne miterleben, wie es ist, auf See zu sein, und wie es in fernen Länder aussieht.
    Seid herzlich gegrüßt vom verschneiten Donnersberg,
    Petra und Bernd

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