Heute dreht sich alles um die Entscheidung, wie wir weitersegeln werden. Die schwierige Frage ist: Machen wir nur einen kleinen Hupser nach Mossel Bay und verstecken uns dort wieder für längere Zeit, oder wagen wir den Ritt bis Cape Town, bis Hout Bay? 🤔
Das mit dem Wetterfenster ist halt nicht so, wie es sein sollte. Zwei Tage könnten wir gut vorankommen. Es könnte aber auch heavy werden, wenn der Rückenwind zu kräftig würde. Wir müssten bis Mittwoch Mittag um die Kurve sein, dann hätten wir ein Windloch, um bis Hout Bay zu motoren. Später kommt wieder ein mords Sturm vom Kap runter. Da sollten wir nicht mehr hineinkommen!!!!!
Dreimal darf man raten, was Des Cason dazu sagt? NO‼️Auf keinen Fall‼️Wir seien nur eine Nussschale und wollten doch wohl überleben. Ganz klare Ansage, bis Mossel Bay und dort warten…
Auch Tristan, der das ganze ja noch vor sich hat, schließt sich ihm an. Er meint, wir könnten froh sein, dass da einer ist, der sich so gut auskennt… Hm, das gefällt Klaus so gar nicht! Und dass, wo Tristan selber macht, was er will. Auch, wenn das aus unseren Augen manchmal nicht zu verstehen und ganz sicher nicht Des Cason‘s Rat war… So will Tristan jetzt direkt und quer durch den Mosambik Kanal nach Maxixe brettern (er hat 5.000 Liter Diesel zur Verfügung) und nicht erst Bazaruto anpeilen, wie wir es gemacht haben. Und nicht den Bogen segeln, wie Des Cason es immer wieder rät. Seltsam 🤨! Ja, und wir zwei Hübschen, was machen wir? Nach wiederholter und nochmals wiederholter, gründlichster Recherche meint Klaus, wir können es schaffen, das ganze Stück bis Cape Town. Das Fenster ist alles andere als optimal, aber es müsste machbar sein. Wir werden morgen früh nochmal und final entscheiden. Eye, eye Kapitän! 🫡 Derweil schreibe ich fleißig an meinem Blog weiter, wir hören schöne Musik, schauen Fern, essen leckere Dinge, stellen fest, dass es in unserer Ankerbucht total windstill geworden ist

und gehen früh schlafen. Es wird eine ruhige und gute Nacht.🌙
Montag, der 13. November 2023
6:52 Uhr, wir sind geschniegelt und gestriegelt, sitzen im Salon und wollen es wagen, den großen Sprung. Aber das Screecher muss noch hoch und das möglichst ohne Seilverdrehungen. Ein allgemein beklagtes Problem. Klaus hat da eine Idee 💡! Er zieht einen biegsamen Schlauch durch den Blog vom Screecher, befestigt links und rechts vom Schlauch Leinen und hält diese beim Hochziehen fest, dass sich das Fall vom Screecher nicht mehr verdrehen kann.

Ist das Screecher erstmal oben, zieht er die Leinen ab, der Schlauch fluppt raus und alles landet wieder unten am Vordeck. Ja, so läuft es auch, nur der Schlauch macht den Abgang ins Nirvana und ward nicht mehr gesehen. Aber das Segel ist ohne jedwede Verdrehung des Falls oben. 👍
7:55 Uhr, wir nehmen die Henkersmahlzeit ein. Schokoladenmüsli mit Birne, Banane, Brombeeren und Yoghurt. 😋
8:15 Uhr, der Anker wird gelichtet, das Gummiband, welches die Bridle an der Kette festklemmt, ist wieder mal gerissen. Das muss aber noch hier und sofort, an Ort und Stelle repariert werden. Später wird es zu unruhig dafür sein. Okay ✅.
8:25 Uhr, wir ziehen das Groß nur bis Reff 3 hoch.
8:28 Uhr, wir fahren raus, wir verlassen langsam unsere Ankerbucht, wir verlassen P.E.. Es regnet leicht, aber wir sind beide eh schon nass. Alles ist klamm und kalt! 🥶
8:36 Uhr, auf dem Tacho stehen 8.098 Seemeilen. Klaus hat ausgerechnet, wir müssen an beiden Tagen circa 155 Seemeilen schaffen und auf direktem Wege Hout Bay anpeilen, dann wären wir im zur Verfügung stehenden Wetterfenster da… ✊.
10:18 Uhr, wir biegen um die Ecke der Bucht und nehmen Kurs auf Cape Town. Mal schauen, welche Wetterverhältnisse wir nun antreffen werden. Ein Segelboot kommt hinter uns her, sehr schnell. Ein 19 Meter Katamaran, großes Teil. Nur mal wieder zum Vergleich, Yuti ist 12,5 Meter lang. Der peilt aber wohl die Außentour an, nicht innen an der Küste entlang, so wie wir. Da draußen, viele Seemeilen entfernt, verläuft der Strom in Richtung Süden. Den will er möglicherweise erwischen. Wir nicht, das gibt zu viele Seemeilen extra und zu viel Wind und Welle.
11:06 Uhr, die Sonne lugt hervor. ⛅️ Die Strömung hat gedreht und unterstützt uns nun ein wenig. Wir fahren stark am Wind, ein Motor unterstützt mit 1.800 Umdrehungen. Wir warten auf den kompletten Windwechsel, der für mittags angesagt wurde. Da müsste er dann perfekt von schräg hinten blasen. Das wäre dann wieder Screecher Time.
11:25 Uhr, es regnet erneut.
11:33 Uhr, der Wind beginnt vorschriftsmäßig zu drehen… ☺️

Das Groß ist auf Reff 2 hochgezogen worden. Etwas mehr Segelfläche kann nicht schaden.
11:45 Uhr, Upsi, der Wind dreht gerade wieder zurück… Der große Kat kommt auch wieder zurück. 🤔
12:48 Uhr, der Kat scheint hinter uns her zu kreuzen, merkwürdig…, und Tristan heult. Er hat einen großen Fehler gemacht. Er dieselt auf Hochtouren querfeldein was das Zeug hält, von Madagaskar nach Mosambik. Er hat jetzt bloß Wind, Welle und Strömung gegen sich. Auweia! Er hat’s verkackt, schreibt er Klaus. Warum sieht er das erst jetzt? Klaus rät ihm, nach Westen zu fahren, da es auf seinem Kurs für die nächsten zwei Tage immer schlimmer werden wird. Puhhh… Es scheint, Tristan, der erfahrene Segler mit seiner schönen Pangaea, will partout mit dem Kopf durch die Wetterwand. ICH würde an seiner Stelle zurücksegeln. ⛵️
Bei uns hingegen dreht der Wind einfach nicht, das heißt er dreht schon, aber nur hin und her. Mal kommt er von links, mal von rechts vorne. Das bedeutet für uns, wir verbrennen auch ganz gut Diesel und haben nur um die 4 Knoten Geschwindigkeit. Um unsere 155 Seemeilen pro Tag schaffen zu können, brauchen wir aber durchschnittlich 6,5 Knoten. Nun, sollte das hier nichts werden, können wir morgen immer noch nach Mossel Bay abbiegen.
13:00 Uhr, Werner Rothenstein meldet sich bei Klaus, witzig. Er segelt schon längere Zeit in der Südsee herum und muss gerade einem aufziehenden Zyklon entfliehen. 😵 Er fährt zurück in den Hafen und zurrt sein Boot mit Leinen und Ketten fest. Morgen soll er anrauschen, der Zyklon.
Werner ist der ehemalige Chef von unserem Altriper Freund, Roger. Wir lernten ihn auf einer von Roger’s Geburtstagsfeiern kennen. Er ist schon länger ein geübter Segler und schlug Klaus damals vor, ihn und seinen Cousin nach Sizilien zu begleiten. Das tat Klaus dann auch und hatte so schon damals ein tolles Langfahrt Erlebnis. (Mit viel Wein, dem Kartenspiel Wizard und Skat. 😂) Damals spuckte der Ätna auch schon Glut und Asche, wie jetzt die Tage auch.
14:25 Uhr, der Wind hat weit genug gedreht, das Jib kommt rein, das Screecher raus. Stabil ist die Lage aber noch nicht.
Tristan fährt zurück! Er braucht nun doch den so unbeliebten Notausstieg. So hat er nun alles im Rücken und kann die Strecke nochmal von vorne, besser geplant, beginnen. Ihm ist das höchst peinlich und es wissen nur Klaus und Tim, meint er. Upsi….
16:21 Uhr, da sind jetzt wir:

Jepp, der Wind hat stabil gedreht und wir fahren nun durchschnittlich 7,5 Knoten. Super! Auch die Strömung unterstützt mit 1,2 Knoten. So dürfte es bleiben.
18:57 Uhr, die Sonne geht unter…

Am Horizont erwarten uns Squalls. Hoffentlich werden sie noch weggepustet bis wir dort sind.

20:42 Uhr, der Autopilot fällt aus. 😳 Nein, ALLES fällt aus. 😱 Ach du Schande❗️Wir haben keinerlei Angaben mehr. Keinen Wind, Stärke und Richtung, keinen Boatspeed durchs Wasser, keine Tiefenangaben. Alles Angaben, die wir dringend zum Segeln brauchen. Dazu ist es dunkel geworden. Nur noch der Bildschirm ist hell und zeigt uns die von Klaus vorgegebene Route und den Speed über Grund an. Das Allerschlimmste ist jedoch der Ausfall des Autopiloten‼️Wir müssen sofort auf Handsteuerung umstellen. Das bedeutet, einer von uns muss jetzt ununterbrochen draußen am Steuer stehen und nonstop alles händisch ausgleichen, was unser Autopilot so selbstverständlich und ohne Ermüdung, all die Zeit zuvor tat. Kurz und überraschend kommt alles wieder zurück, um Minuten später erneut zu verschwinden.

Auch die anderen Schiffe werden links auf dem Bildschirm nicht mehr angezeigt. Keine Landflächen, keine Tiefenlinienangaben, keine Farben. Nur auf dem Radar kann ich noch undefinierbare Punkte von Hindernissen erhaschen, aber das können auch Wolken oder Wellen sein… Wir müssen jetzt mit zusammengekniffenen Augen ins Dunkel starren, um Hindernisse/Schiffe rechtzeitig zu erkennen. Ich stehe am Steuerstand, Klaus versucht den Grund für diesen katastrophalen Ausfall zu finden. Sicherungen? Wackelkontakt? Klaus versucht parallel Mike Rees zu erreichen, den Geschäftsführer von Seawind. Den Mike, der so engagiert unsere Bootsübergabe gemacht hatte. Er erreicht ihn. Jippie! Mike meint, Klaus müsse das Herzstück des B&G Apparates im Hohlraum hinter seiner Toilette öffnen und prüfen. Es ist aber fast unmöglich die kleinen Schrauben herauszubekommen, geschweige denn überhaupt an die wichtigen Teile heranzukommen. Dann ist der Deckel ab und zeitgleich alle Daten samt Autopiloten wieder da! 😮💨 Schnell rette ich mich in den Salon, denn es ist verdammt kalt geworden, da draußen. Mike will gerade noch schnell seine Kinder in die Schule fahren, dann, in einer halben Stunde etwa, meldet er sich wieder. Aha, er ist also gerade in Australien, und sie haben frühen Morgen. Gut! KEINE halbe Stunde später ist bei uns alles wieder ausgefallen. 😨 Das eben war wohl nur ein komischer Zufall. Während Klaus rumhüpft, testet, ausprobiert und alles checkt, steuere ich wieder draußen am Steuerstand. Ich fahre nach Routenlinie oder, wenn Klaus alles vom Strom nimmt, nach Kompass. Das ist jetzt schon eine extreme Situation! Es ist stockdunkel, kalt, ungemütlich und obendrauf noch regnerisch. Meine Beine werden langsam ganz steif. Ich staune aber, wie ruhig wir sind! Ohne erkennbare Aufregung oder Wutanfälle machen wir jeder unseren Job. Auch wenn ich langsam zum Eiszapfen werde und Klaus die Erschöpfung deutlich anzusehen ist.
Dienstag, der 14. November 2023
0:15 Uhr, Klaus holt das zwischenzeitlich gesetzte Screecher ganz alleine wieder rein und stattdessen das Jib raus. Der Wind ist zu stark geworden, der Motor läuft zur Stabilisierung mit, ich muss steuern, steuern, steuern……………………..
![Sailing Yuti [maxbutton id="1"]](https://yuti.eu/wp-content/uploads/2021/08/Bild4.png)