Mittwoch, 21. Februar 2024,
8. Tag auf See
Seit heute Nacht werden wir in die Zange genommen.

Von hinten rechts kommt Sea Spirit, ein Katamaran, der auch von St. Helena aufgebrochen ist, und von links nimmt uns ein Frachter aufs Korn. Wie man gut sehen kann, ist der voll auf Kollisionskurs. Wenn nicht mit uns, dann aber spätestens mit Sea Spirit. Wir beobachten… 👀. Dann macht Klaus einen Motor an, um etwas schneller zu werden. Ach ja, Strom brauchen wir auch mal wieder. So wie es jetzt aussieht, fährt der Frachter nun knapp hinter uns durch. Aber was passiert mit Sea Spirit? Das sieht nicht gut aus. Doch wir haben jetzt erstmal unsere Müttergespräche!
So, also die Sea Spirit muss tatsächlich den Frachter anfunken. Wir hören mit. Und dann kann man gut erkennen wie der Frachter abbiegt und auch hinter Sea Spirit durchfährt. Knappe Sache! Und dass, obwohl wir alle tausende Meilen Wasser um uns herum haben.
Meine Mutti fragte eben, wie ist das denn so auf dem Wasser? Was sieht man denn da? Ja, nichts, außer Wasser, Wellen, Himmel und Wolken, Sonne und Mond. Ach, meinte sie, das wäre ja so gar nichts für sie, aber so überhaupt nicht!!!

Wie könne ich das nur aushalten??? Nun ja, ich finde es schön. 😁 Viel schöner, als im kalten, verregneten Deutschland zu hocken und sich mit der europäischen und vor allem der deutschen Misere zu befassen. 🙁 Das machen wir zwar auch, aber durch die große Entfernung kommt es, im wahrsten Sinne des Wortes, nicht so nah an uns heran.
Der Mann von Oxley meldet sich und möchte nochmal wissen, wie es aussieht? Er macht selber ein paar Vorschläge, wie wir sein Segel montieren und segeln könnten. Nicht schlecht. Klaus möchte aber erstmal die Reaktion von Seawind und Mike abwarten.
9:30 Uhr, ganze 1 3 0 Seemeilen liegen erneut hinter uns. Poah! Also langsamer werden wir ja wirklich nicht!
Kurz vor 11:00 Uhr pfeifen wir uns wieder eine Portion Wissen rein. Der 1. Weltkrieg steht auf dem Programm. Diese Yuno App ist wirklich prima. In netten kleinen Häppchen wird die Geschichte verpackt dargereicht. Apropos Darreichung. Ich reiche mal das Mittagessen. Es gibt Schmetterlingsnudeln in Käse-Sahne-Zwiebel-Thunfischsauce. Zum Glück verträgt Klaus die Sahnesauce, ich war mir da nicht ganz sicher. 🤭 Gestärkt bastelt er nun an einer Monsterangel. Eine unserer Leinen wird mit sehr starkem Nylonfaden verknotet, ein weiterer Doppelköder drangehängt und alles zu Wasser gelassen. Will er jetzt doch den weißen Hai fangen?

Das ist übrigens sein Elastizitäts- und Alarmsystem. Wird diese Leine dauerhaft langgezogen, hätte etwas angebissen. Echt pfiffig! Und sollte es etwas größeres sein, kann die Angelleine über die Winsch hereingeholt werden. Gut durchdacht! Bei mir bleiben dennoch Zweifel. Wirkt die weiß-rote Leine nicht abschreckend? Soll bei der Konstruktion wirklich etwas anbeißen?? Ich bleibe skeptisch.
Einige Wolkenansammlungen ziehen dunkel über uns hinweg. Es regnet immer wieder. Fenster zu, Fenster auf, Fenster zu, Fenster auf, Fenster zu… jetzt wird’s aber ganz schön schwitzig. Mach bloß das Fenster wieder auf. 😓
Aber Klaus grübelt schon wieder über das Oxleysegel nach. Wie könnte man den Mast verändern, um ein Durchschubbern der Leine zu verhindern. Der Ingenieur in ihm kommt wieder zum Zuge. Ich rätsel hingegen über die zunehmenden Schmerzen in meinem Fuß. Auch ist er nun etwas dick geworden und der Schmerz zieht bis über den Spann. Ich muss wohl doch mal langsam mit Voltarensalbe arbeiten!
Ich bin nun wieder mit der Nachtwache dran. Es ist 21:02 Uhr, Klaus schläft und der Mond und ich verbringen etwas Zeit miteinander. Die Stimmung ist sehr schön ❣️

Der Mond ist fast voll und taucht alles in eine besondere Stimmung. Wie flüssiges Metall fließen die Wellen dahin. Ich spiele ein bisschen mit meinem Smartphone rum, das kommt dabei heraus…


Who has seen the wind?
Ich habe den Wind „gesehen“ und den Mond „gehört“… 🌬️ 🌙.
Donnerstag, 22. Februar 2024,
9. Tag auf See
5:15 Uhr, Sonnenauf-, nein Monduntergang.

Ich bin wieder an Deck, schlafe aber nochmals tief und fest ein, bis der Wecker klingelt. Es ist Zeit zum Ablesen der Meilen. Mann habe ich geratzt!
9:30 Uhr, 112 NM kommen hinzu. Na endlich etwas weniger… 😅.
Hey, der Kühlschrank wars! Ich habe ihn gestern dann doch abgetaut, und oh Wunder, er verbraucht jetzt nur noch ein Drittel des Stroms wie zuvor. Er lief ja praktisch durch. Das ist jetzt ein wirklich schöner Erfolg. Hätte ich gar nicht gedacht.
Während ich vorhin komatös schlief, fand Klaus 2 interessante Dinge heraus. So hat er jetzt eine App aufgetan, mit deren Hilfe er den totalen Überblick über die World ARC hat. Er kann genau sehen wo die Boote sich befinden und wann und wo sie hinsegeln.

Zur Zeit liegen 15 Boote vor Salvador/ Brasilien, eines fährt gerade weg, Richtung Cabedelo, zwei sind schon dort und Cepa, das Boot des Schwaben, ist auf dem Weg dorthin. Eine Yacht ist schon auf dem Weg nach Grenada. Mann ist daas spannend! So können wir live verfolgen, wann sie von Cabedelo aufbrechen werden. Prima! 👌
Als zweites hat Kläusi einen Leinenhersteller in Deutschland aufgetan. Der bietet sogar die Ummantelung der Leinen mit Dyneema an. Dyneema ist ein Material, mit ultra hoher Molekülmasse und fast nicht kaputtzukriegen. Das wäre ja auch eine Idee, um doch das Oxley segeln zu können. Ich bin ja mal gespannt was wird! Klaus kann sich mit solchen Themen unglaublich gut wachhalten. Mir fliegt dann irgendwann das Smartphone auf die Klappe, aua …
Nach dem Mittagessen, es gibt Bratkartoffeln mit Grillschinken und einen Tomaten-Zwiebel-Käsesalat, halte ich einen Vortrag, warum die Monsterangel nicht funktionieren kann, wie man ja bis jetzt auch sähe. Die Leine ist zu dick und zu auffällig, da beißt nichts und niemand. Satt und zufrieden liegen wir, wie fast immer, im Salon. Da wundert sich Klaus, dass sein Kontrollgummi der Angel durchgehend gespannt ist. Andrea, Andrea, da hängt was dran! Komm schnell!!

Potzblitz, ich reibe mir verwundert die Augen, ein kleiner Gelbflossentuna hängt am kleinen Haken. Es ist nicht schwer ihn hereinzuholen. Hing er da vielleicht schon eine ganze Weile? 🫢 Er scheint schon sehr erschöpft zu sein. Der große Haken samt Köder ist übrigens wieder abgebissen. Menno! Der Fisch kommt in unseren Eimer, und ich erlöse ihn durch beherzte Schnitte in die Kiemen. Was für mich auch nicht angenehm ist, ist, wenn das letzte Zittern durch den gesamten Fisch geht, bevor er stirbt und dann tot ist. Nun ist er tot, und ich versuche ihn auszunehmen und grillfertig zu machen.



Bei dem jetzigen Wellengang kein einfaches Vorhaben. Ich fliege ganz schön mit ihm hin und her. Auch ist das Holen von Salzwasser ein halsbrecherisches Unterfangen. Aber er soll ja ausschließlich mit Meerwasser gereinigt werden, um den Geschmack nicht zu verwässern. Leider ist mein Lieblingsshirt von der Malediven Insel Rasdhoo über und über mit Blut besudelt. Schade… So, der Fisch ist fertig. Grillen geht jetzt aber nicht, es ist viel zu wackelig! 🌊🌊🌊
Fazit: Das Angeln mit Klaus‘ Monsterangel geht doch❣️ Sie ist auch sofort wieder im Einsatz, mit dem verbliebenen kleinen Haken und dem kleinen Köder.
15:10 Uhr, ein Frachter hält wieder einmal genau auf uns zu. Klaus beobachtet ihn mit Argusaugen, denn er ist mit guten 18 Knoten sehr, sehr schnell.
15:17 Uhr, plötzlich geht er um ganze 7 Grad zur Seite. Puhhh, das ist gut! Da hat er uns vielleicht auch eben erst gesehen?!

Ich halte heute Nachtwache bis 2:00 Uhr irgendwas. Ich werde einfach mal, zur Abwechslung, nicht müde. Vielleicht liegt‘s am Vollmond?



Auch mein T-Shirt darf im Mondlicht trocknen. Ganz habe ich die Blutflecken nicht herausbekommen, aber es ist noch tragbar.
Freitag, 23. Februar 2024,
10. Tag auf See
9:30 Uhr, 113 NM sind ersegelt. Eine Meile mehr als gestern.
Heute gibt’s die Gelbflosse, ich filetiere und brate sie in der Pfanne. Für den Außengrill schaukelt es zu stark. Butterkartoffeln, Tomatensalat und Thunfischfilet ist das kulinarische Ergebnis. Lecker!
Jetzt machen wir Wasser, bis in die Nacht hinein. Das Wetter ist durchgehend gut, die Sonne scheint, und wir machen genügend Strom für den Wassermacher. Auch kommen wir ganz gut voran. Bis zu meiner Nachtwache, da schläft der Wind mehr und mehr ein. Screechertime?? Klaus möchte nun doch wieder zügig vorankommen, denn spätestens ab Montag haben wir wohl Flaute, sagt die Wettervorschau. Und bis dahin möchte er dann doch noch gut Meilen machen. Aber jetzt schläft Klaus, und ich möchte ihn ungern wecken. Obwohl das Sofa viel zu kurz für ihn ist …

Armer Kapitän Klaus. Aber in seine Koje, möchte er partout nicht rüberwechseln. Na dann… 🤷.
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