Medellín, was erwartet uns? 🤔

Heute Morgen, wir stehen mit gepackten Taschen bereit, lässt unser Taxifahrer zum Flughafen, zum ersten Mal etwas auf sich warten. Einer von der „Straße“ will uns sofort schnappen. Aber, als ich sage, dass wir schon bezahlt haben und nicht gedenken noch einmal zu bezahlen, macht er sich blitzeschnell vom Acker. Unsere letzte Chance hast du eben weggeschickt, bemerkt Klaus… Daaa kommt unser Fahrer. Er brauchte noch Zeit, um unser Frühstück zu besorgen. Wir sind nämlich so früh, dass die Hotelküche noch geschlossen ist. Das Frühstück lassen wir uns jetzt im Auto schmecken. Sogar frisch gepresster Orangensaft ist mit dabei. 😋
Der Flug startet mehr als pünktlich und verläuft problemlos. Ich sitze doch tatsächlich mal am Fenster und kann sie sehen, die Anden mit ihren schneebedeckten Spitzen. Fantastisch!

Wir setzen zur Landung an. Alles ist grün, es regnet und es ist angenehm kühl. Gute 20 Grad erwarten uns. Was für eine schöne Erfrischung. Unser Fahrer steht bereit und bringt uns zu unserem Hotel.

Das was wir vom Flughafen bis zum Hotel zu sehen bekommen ist grün, aufgeräumt und modern. WENN wir etwas sehen…, es regnet nämlich ordentlich. Hm, … Stadtbesichtigung bei Regengüssen? Schirme haben wir keine.

Das Hotel ist ein sehr schönes Boutique Hotel. Und obwohl wir es noch früh am Morgen haben, dürfen wir schon aufs Zimmer. Prima! 👌

Nicht schlecht Herr Specht❣️

Hier lässt es sich aushalten! Aber nicht zu lange, denn gleich schon müsste unser Guide kommen und uns zur Stadtbesichtigung abholen. Aber es kommt keins…. 🤷
Irgendwann informiert Klaus unsere Reiseorganisatorin, Andrea, von Travel Local. Mit der können wir zum Glück immer auf deutsch kommunizieren… Jepp, da ist etwas schiefgelaufen, sie kümmert sich.
Kurze Zeit später hat sie einen anderen Guide organisiert, der aber erst um 13:00 Uhr kommen kann. Alles klar, wir warten. Es regnet im Moment sowieso, wir haben es hier bequem, und ich finde Zeit, mich intensiv mit Medellín und Pablo Escobar (geb. 1.12.1949, gestorben 2.12.1993) zu befassen, der dunklen Vergangenheit der Stadt sozusagen.
Medellín ist mit gut 3 Millionen Einwohnern die zweitgrößte Stadt Kolumbiens, hinter Bogota. Es fließt der gleichnamige Fluss durch die Metropole, die auch die Stadt des ewigen Frühlings genannt wird. Temperaturen von 20 bis 28 Grad machen das Leben hier durchaus angenehm. Das fand Pablo, auch El Patrón oder Don Pablo genannt, sicher auch so. Er stieg auf zur Führungsperson des Medellín-Kartells, entwickelte eine Art industriellen Drogenhandel und verwandelte die Stadt in DAS Drogenzentrum Kolumbiens. In keiner anderen Stadt auf der Welt kam es zu so vielen täglichen Morden wie hier. Ganz besonders betraf dies den Stadtteil Comuna 13. Dazu später…
Die Grundstimmung im Land war fürchterlich, es herrschte Bürgerkrieg. Die Verteilung von jeglichem Besitz, Land, Rohstoffen, Plantagen lag zu 97 % in den Händen weniger Familien. Als der liberale Präsidentschaftskandidat Jorge Gaitán sich anschickte daran nach seiner Wahl etwas zu verändern, wurde er kurzerhand ermordet. Dies war 1948 der Startschuss für einen grausamen Bürgerkrieg, la Violencia, die Gewalt. Dieser Krieg, Liberale gegen Konservative führte zur Entstehung verschiedenster rivalisierender Gruppen. Aber da war Pablo ja noch gar nicht geboren. Ein gutes Jahr später kam klein Pablo als Kind eines Viehzüchters und einer Lehrerin zur Welt. Er war also nicht der bettelarme Bauernsohn, sondern entstammte der ländlichen Mittelschicht. Pablo fing schon mit 13 Jahren an Marihuana zu rauchen, brach früh die Schule ab und konsumierte Unmengen an Softdrinks, Pizza und Fastfood. Das Ergebnis, Übergewicht. Er verbrachte seine Jugend auf den Straßen und in den Bars Medellín’s und lernte die damaligen Unterweltgrößen kennen. Da er schon früh gut mit Schusswaffen umgehen konnte und welche besaß, verschaffte er sich Respekt. Üblich waren noch Messer und Macheten. Er schmuggelte Marihuana und Malboro Zigaretten, stahl Autos und vertickte die Einzelteile, und schließlich entführte er reiche Bürger und ermordete sie, trotz Lösegeldzahlungen. So demonstrierte er seine Brutalität und Macht. Seine Mutter sagte schon früh, dass er für ehrliche Arbeit ungeeignet sei. Dabei sah er gar nicht so wirklich böse aus!

In den 70er Jahren wurde er ein Pionier der Mode-Droge Kokain. Er entwickelte professionelle Vertriebsstrukturen, um die Ware in die USA zu verbringen. Sein Imperium wurde so gigantisch groß, dass er in seinen besten Zeiten 1,5 Millionen US-Dollar TÄGLICH verdiente. Er lernte einen Piloten kennen, der sowohl perfekt Englisch sprach als auch Miami gut kannte, und los ging der Vertrieb per Flugzeug. Zuletzt wurde eine Boeing 727 umgebaut und 10 Tonnen Kokain pro Flug in die USA geschafft. Was für gigantische Mengen! Übrigens kamen auch ferngesteuerte Mini-U-Boote zum Einsatz. Einfallsreich!
Escobar entzog sich immer wieder erfolgreich der Strafverfolgung, indem er durch Auftragsmörder, 457 Polizisten und 30 Richter töten ließ. Sein geläufiges Motto hieß, Silber oder Blei, Plate o Plomo, Geld oder Tod! Er stellte sich mehr und mehr als Vertreter einer neuen reichen Mittelschicht dar und zog 1978 sogar als Abgeordneter in den Stadtrat von Medellín ein, erlangte dadurch auch Immunität. 1982 wurde er Kongressmitglied der liberalen Partei und galt als moderner Robin Hood. Er sorgte für Schulen, Krankenhäuser und Sozialwohnungen. Auch galt er als liebevoller Ehemann und Vater. Nebenbei wurde er der erfolgreichste Kokainhändler der Welt. 80 Prozent des kolumbianischen Marktes wurde von ihm beherrscht. Den Rest teilten sich das Cali-Kartell und andere… Ab 1984 spitzte sich die Auseinandersetzung mit den Strafverfolgungsbehörden zu. Mit Unterstützung der USA wurde sein Hauptdrogenlabor zerstört. Nach dem Drogentod eines US-Basketballstars 1986, kippte die Stimmung ihm gegenüber, vom Vertreter des Inbegriffs des Zeitgeistes hin zum Schwerstkriminellen. 1988, mit der Präsidentschaft von George W. Bush Senior, wurden Millionen in den Kampf gegen den kolumbianischen Drogenhandel gesteckt. Escobar führte daraufhin einen regelrechten Krieg gegen die Justiz, mit Bombenanschlägen und unzähligen Morden. 1991 lenkte er nach Friedensverhandlungen kurz ein und begab sich freiwillig ins Luxusgefängnis „La Catedral“. Nach Verlegungsplänen floh er erfolgreich. Doch seine Gegner ließen nicht nach, zerstörten seine Labore, töteten seine Türsteher, Auftragsmörder und Sicherheitsleute. Escobar bekam Geldprobleme, konnte seine Leute nicht mehr bezahlen, das Cali-Kartell übernahm seine Position. Monate später wurde er am 2. Dezember 1993 von einer US-amerikanischen-kolumbianischen Eliteeinheit erschossen, als ein Anruf zu seinem Sohn zurückverfolgt werden konnte. Er versuchte noch barfuß übers Dach zu entfliehen, zu spät! Die Ironie an der Geschichte war, dass über das nun herrschende Cali-Kartell mehr Kokain die USA flutete als je zuvor !
Zu Escobar’s Beerdigung kamen über 20.000 Menschen. 2 Jahre später wurden die Bosse des Cali-Kartells verhaftet. Und wer sind jetzt die lachende Dritten? Die Mexikaner! Man nennt sie die „Unsichtbaren“. Sie beherrschen nun bis heute, still und leise, den Drogenmarkt und sind mächtiger als das Medellín-Kartell und das Cali-Kartell zusammen. Kolumbien ist nach wie vor der größte Kokainproduzent der Welt und die USA sind nach wie vor der größte Abnehmer und Konsument. Aber, es ist ruhig um den Kokainanbau in Kolumbien geworden. Die liberale Regierung versucht durch Freiwilligkeit den Anbau und Handel zu dezimieren. Na ob das klappt? Der Druck des Geldes bleibt. 1 Kilogramm Kokain, für 1.000 $ in Kolumbien produziert, bringen 28.000 $ in den USA und 40.000 $ in Europa. Das werden sich die Mexikaner bestimmt nicht nehmen lassen. Wir werden sehen…
Medellín hat sich jedoch grundlegend geändert. Die Stadt transformierte sich vom gefürchteten Moloch zur faszinierenden Metropole. Sie steht heute für interessante Messen, für blühenden Tourismus und gilt als Kunstmetropole. Das wollen wir jetzt mit eigenen Augen sehen und erleben, und nun steht auch unser Guide bereit und es kann losgehen.
Gaston, 51 Jahre, Venezulaner, lebte 1 Jahr im Saarland, spricht prima Deutsch und ist für uns ein Glücksfall❣️Auch morgen wird er uns an die Hand nehmen. Jippie!! Jetzt geht’s erstmal mit dem Auto durch Medellín. Übrigens, es regnet nicht mehr❣️

Ach nee, hier ist die Copacabana?? Nein, das ist ein Stadtteil, sagt Gaston. Medellín besteht aus 16 Stadtteilen. Unser Ziel ist die berühmt, berüchtigte Comuna 13, der Stadtteil San Javier, mit heute über 200.000 Einwohnern.

Die Straßen sind top, die Gebäude wirken neu und modern, die Stadt ist sauber und grün und kommt wohlhabend rüber. Medellín verfügte schon immer über gute finanzielle Mittel, auch durch das viele Drogengeld. Es wanderte in Wohngebäude, Einkaufszentren, Hotels, Bars, Restaurants, Krankenhäuser, Schulen und vieles mehr. Heute füllt auch der Tourismus die Kassen.
Medellín verfügt mittlerweile auch über ein gutes öffentliches Verkehrsnetz. Dazu gehören Buslinien und sehr beachtlich, diverse Seilbahnen, die die 16 Stadtteile, die sich zum Teil an den vielen Berghängen emporschlängeln, miteinander verbinden. Für einen Dollar kann man sich innerhalb des Netzes solange bewegen und soweit fahren wie man will. Es gibt keine Gruppenrabatte und keine Enfernungswaben wie bei uns, die alles verkomplizieren, es kostet einen Dollar für jeden und fertig ✔️. So einfach kann’s gehen.

Eines der ärmeren Viertel in Medellín.
Die Seilbahnen, …
sind das Metrosystem der Stadt.

Gleich sind wir oben, im ehemaligen Kriegsgebiet, der Hölle auf Erden… 😱. Warum das so war, wie das war, was zur Veränderung führte und wieso ausgerechnet dieser Stadtteil 13 zum sichersten Gebiet ganz Kolumbiens wurde, das berichte ich das nächste Mal auf dieser Welle. Nur so viel sei verraten, wir hängen Brian an den Lippen, einem Kind dieser Stadt, dieser Comuna 13, hören fassungslos zu, saugen alles auf und sind schwer beeindruckt ‼️

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