meines Lebens beginnt. Mensch, jetzt habe ich doch tatsächlich auch die 60 genommen, ach du meine Güte. 🙈 Und ich muss ja gar nicht zwischen Ölgeruch und Motorschmiere hocken. Die Mechaniker kommen heute nämlich gar nicht. Stattdessen serviert mir Klaus ein Geburtstagsküchlein mit Kerze. 🤗

Aber ehrlich, es hält sich nicht lange. 😂

Und weg ist es… 😋.
Was machen wir denn jetzt mit dem tollen, freien Tag? Ich muss betonen, es regnet nicht, was äußerst ungewöhnlich für meinen Geburtstag ist! Am 23. Oktober regnet es eigentlich immer, aber nicht heute und nicht in Neuseeland. Vielleicht machen wir einen Fahrradausflug zum Ort an dem alles begann? Jau, das ist ne gute Idee! Wir radeln nach Waitangi, zu dem Ort, der Neuseeland zur Welt gebracht hat, sozusagen, an dem New Zealand erschaffen wurde. Dieser geschichtsträchtigste Ort des ganzen Landes liegt hinter 3 Bergen, aber nicht bei den 7 Zwergen. Und Schneewittchen spielte auch keine tragende Rolle, sondern Europäer und Urbevölkerung, Engländer und Māori, um genau zu sein. Doch die besagten 3 Berge stehen noch zwischen uns. Beim Supermarkt leihen wir uns 2 Mountainbikes, OHNE Elektromotor! E-Bikes hat der gute Mann gar nicht, leider! Dann treten wir in die Pedalen. Oh mein Gott, ich kann nur sagen, es ist schweißtreibend und bringt mich in den Bereich der Schnappatmung! 🥵 So manche Steigung packe ich definitiv nicht, steige ab und schiebe. Klaus tut’s mir gleich. Die Abfahrten gehen umso schneller, wobei es mir vor dem Rückweg jetzt schon fürchterlich graut! Das muss dann alles wieder hochgeschoben werden, Prost Mahlzeit‼️Hoffentlich ergeht es uns nicht wie nachfolgendem Opossum!!!

Dennoch sind wir mit ner kleinen Verschnaufspause auf einer Bank, in einer knappen Stunde am Ort unseres Begehrens. Hier wird die Geschichte von 2 Völkern erzählt, die unterschiedlicher nicht hätten sein können und dennoch den Versuch unternahmen zusammenzukommen, um eine neue Nation zu gründen. Was für ein Unterfangen! Jeder, der vor hunderten von Jahren, diese zwei Inseln erreichen wollte, musste lange Seereisen überstehen, riesige Wasserflächen überwinden, schnell wechselnden Wettern standhalten und dafür waghalsig genug sein und über ausreichend seemännisches Geschick verfügen. Sprechen die etwa von uns? Von Klaus und Andrea Müller? 😂 Jaaa…, nein! Gemeint sind die Māori, vielmehr Kupe und sein Volk sollen dieses Land, von Polynesien her kommend, zuerst erreicht und besiedelt haben, die Vorfahren der heutigen Māori. Sie nannten das Land Aotearoa. Kupes Frau soll der Legende nach vom Kanu ausgerufen haben, „He ao! He ao! He ao tea roa!“ (Aotearoa) Was so viel bedeutete, wie eine Wolke, eine Wolke, eine große weiße Wolke!
Viele hundert Jahre später, machten sich die Europäer auf den Seeweg, dieses Land zu erkunden. Immer noch kein Klaus und keine Andrea in Sicht. Vor den Küsten Australiens und Neuseelands wurden schon ordentlich Wale und Robben gejagt. Viele europäische Handelsgesellschaften knüpften Verbindungen zu den Māori. Diese waren durchaus interessiert am Handel mit den Europäern. Verfügten diese doch über Fähigkeiten und waren im Besitz von Techniken, die den Māori völlig fremd waren, aber ihre Neugierde weckten. Leider fanden auch Alkohol und Feuerwaffen den Weg zu den Ureinwohnern. Auch machte Captain Cook, 1769, um mal eine einordnende Jahreszahl zu nennen, die Māori mit der weit entfernten Außenwelt bekannt. Wo war dieser Seefahrer nicht, oder? Er selber beschrieb das Land jedoch als unwirklich, die Menschen als grausame, tätowierte Menschenfresser.

Eine gezielte Kolonialisierung ließ noch auf sich warten. Auch, da es immer wieder zu größeren, auch tödlichen Missverständnissen und Auseinandersetzungen zwischen den Menschen kam. So ereignete sich beispielsweise 1805 ein schwerwiegender Zwischenfall. Aus Rache für die schlechte Behandlung der Māori-Besatzung eines europäischen Schiffs, wurde das Schiff angegriffen und versenkt. Viele tote Europäer waren die Folge. Ein Aufschrei ging um die Welt, und der Handel kam für mehrere Jahre zum Erliegen. Doch es ging weiter. Händler und Abenteurer machten den Māori Chiefs Geschenke, man lud sich gegenseitig ein, man bot sich gegenseitigen Schutz. Darin waren die Engländer besonders geschickt. Auch war den Māori durchaus bekannt, dass Großbritannien die unumstößliche Weltmacht dieser Tage war. Ein langer Dialog begann, Grenzen wurden ausgetestet, Konflikte überwunden. Jeder erhoffte sich Vorteile vom anderen. In den 1830er Jahren wurde die Bay of Islands, da wo wir langsam mit Yuti ins Spiel kommen, aber ganz ganz langsam, zum Dreh- und Angelpunkt der gesamten Schifffahrt im oberen Teil der Südsee. Erste diplomatische Beziehungen entstanden und festigten sich. Britische Gesandte wurden geschickt, diese richteten sich ein. So ernannte Großbritannien James Busby, 1832, zum britischen Residenten der Bay of Islands. Kurze Anekdote! James Busby erfand im Grunde das erste Ikea-Haus. Da er sich nicht vorstellen konnte, dass ihm in Neuseeland ein Haus nach seinen Vorstellungen gebaut werden könnte, ließ er es im bereits seit 70 Jahren kolonialisierten Australien errichten. Es wurde wieder abgebaut, alle Teile beschriftet und gekennzeichnet, verschifft und auf dem Hügel von Waitangi erneut aufgebaut.


Zurück zum Thema. Die Kolonisation war allerdings auch eine Antwort der britischen Krone, auf die Bitte des höchsten Māori Häuptlings der Bay of Islands, Hongi Hika.

Dieser bat um Schutz vor den Umtrieben anderer europäischer Mächte, die ebenfalls ein Auge auf Neuseeland geworfen hatten, als auch um Schutz gegen eigene, rivalisierende Stämme. Er wiederum versprach die Interessen der Engländer zu wahren und auch die mittlerweile vielen Missionare zu beschützen. Das Interesse am christlichen Glauben war durchaus gegeben. Mehr aber als ein Bindeglied zu den Europäern, als auch eine Möglichkeit an Bildung zu gelangen. Weiter versprach er sich britische Rechtsstaatlichkeit und Frieden für sein Land. Den Engländern, die gerade selbst mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, kam diese Bitte durchaus zupass, und die Kolonisation nahm ihren Lauf. Zügig wurden Verträge ausgearbeitet und von einem Missionar und dessen Sohn, der die Sprache der Māori erlernt hatte, übersetzt. Doch verschiedene Auffassungen, zum Beispiel über das Besitzen von Land, konnten nicht wirklich im Vertrag widergespiegelt werden. Für die Māori war der jeweilige Stamm untrennbar mit dem bewohnten Land und auch der Verantwortung dafür verbunden. Wurde Land vergeben, fiel es nach Beendigung der vorausgesetzt notwendigen Nutzung wieder an den Stamm zurück. Der Stamm verlor somit nie die letztendlich verfügende Hand über sein Land. Für die Engländer hingegen war und ist Land ein Handelsgut, welches von Individuen besessen wird und schriftlich verbrieft ist. Und obwohl im Vertrag unter Punkt 2 die Krone unter Königin Victoria versprach den vollständigen, ausschließlichen und ungestörten Besitz der Häuptlinge an ihren Ländereien und Anwesen, Flüssen und Wäldern zu bewahren und zu schützen, kam es doch ganz anders. Dass es so ganz anders kam, hatte nicht zuletzt mit den völlig unterschiedlichen, kulturellen Auffassungen beider Nationen zu tun. Und natürlich auch mit dem Fortgang der Kolonisation as usually, so wie es die Engländer eben immer schon betrieben hatten. Aber erst einmal kam es zur Zusammenkunft von hochrangigen britischen Vertretern und 52 Stammesführern der Māori, am 6. Februar 1840, im Hause von Busby, auf dem Hügel von Waitangi.


Danach waren viele Offizielle mit dem Originalvertrag und originalgetreuen Kopien über Monate im ganzen Land unterwegs, um möglichst alle Stammesführer unterzeichnen zu lassen. Am Ende befanden sich 540 Unterschriften unter dem Vertrag.

Wobei das bei weitem nicht alle Häuptlinge des Landes waren, viele wurden doch nicht aufgesucht, weil zu abgelegen oder unbedeutend, andere Chiefs unterschrieben nicht. Trotzdem wurde der Vertrag als offiziell abgeschlossen betrachtet.


Man kann durchaus festhalten, dass dieses Vertragswerk von beiden Seiten mehrheitlich gewollt war. Auch hatten beide Seiten vor, die jeweils andere zu respektieren und nicht zu schädigen. So stellt der Vertrag das Gründungsdokument des gemeinsamen Staates dar und machte Neuseeland zu einer offiziellen britischen Kolonie.

Dennoch war der Verlauf, wie schon erwähnt, dann doch ein anderer. Schon 20 Jahre nach Vertragsabschluss wurden die Māori zu einer Bevölkerungsminderheit im eigenen Land. Der große Zustrom von Europäern brachte Krankheiten und große Probleme für die Māori mit sich. Der Druck, ihre Ländereien an die Zuwanderer zu verkaufen stieg unaufhörlich. Kurzfristig machten sie sicher auch ihre Geschäfte und schnelles Geld mit dem Verkauf ihres Landes, aber es war dann eben auch unwiederbringlich futsch. Nur 50 Jahre nach Vertragsschluss befand sich der Großteil des Landes nicht mehr in ihrem Besitz. Das Parlament bestand ausschließlich aus Briten, kein einziger Māori war vertreten. Hier wurden nun fleißig Gesetze erlassen, die die Vorherrschaft der „Weißen“ ausbaute und festigte. Viele Versprechen wurden nicht eingehalten. Der Unmut und Zorn der Māori wuchs. Anfang des 20. Jahrhundert vereinigten sie sich unter dem stammesübergreifenden Glauben der Ratun-Kirche, der Kirche der Überlebenden. Der politische Arm dieser Bewegung setzte sich vehement für die Rechte der Māori ein. Ein mehrere Tage dauernder, friedlicher Protestmarsch zog über das Land, bis vor’s Parlament und wurde medial in die Welt getragen. 1932 schenkte der britische Generalgouverneur Lord Bledisloe und dessen Frau, Waitangi der neuseeländischen Nation. Dies sollte der Startschuss sein, die vielen Verstöße gegen den damaligen Vertrag zu heilen. Es sollte aber noch sehr lange dauern, bis es zu spürbaren Veränderungen kam. Den 2. Weltkrieg sahen viele Māori als Chance an, durch ihren Kampf an der Seite der Engländer, zu vollwertigen Bürgern der neuen Nation und des Empires zu werden. Fast 16.000 Kämpfer zogen in den Krieg, fast niemand kehrte zurück.
Der Treaty of Waitangi, 1975, stellte endlich den alten Vertrag auf neue und solide, rechtliche Füße. Die Māori waren nun mit 4 Abgeordneten im Parlament vertreten und konnten ebenfalls auf Rechtsmittel zurückgreifen. An ihnen begangenes Unrecht konnte so zum ersten Mal juristisch eingeklagt werden. Schaut man heute auf das Land, stellt man fest, die Māori haben an Bedeutung gewonnen. Ihre Sprache ist neben Englisch Amtssprache, alle Ortsschilder, Informationstafeln und Beschilderungen sind auf Englisch und Māori Sprache. Die Spiritualität der ersten Einwohner wird mehr und mehr auch von den europäischen Neuseeländern übernommen und gepflegt. Ihr Tanz mit den typischen, lauten Rufen und den fürchterlichen Grimassen ist mittlerweile Unterrichtsfach an allen Schulen.
Doch weiterhin stellen sie die wesentlich kleinere Bevölkerungsgruppe, leben ungesünder, sind häufiger adipös, haben eine kürzere Lebenserwartung und sind eher von Armut betroffen als ihre europäisch-stämmigen Mitbürger. Erging es Urbevölkerungen je anders?
Apropos Tanz, wir werden Zuschauer einer typischen Begrüßungszeremonie und Tanzvorführung gebürtiger Māori.

Mit teils kriegerischen, teils einladenden Gesten wird uns erlaubt ihr Haus zu betreten.
Einer aus unserer Mitte muss sich als Repräsentant unserer Gruppe benennen lassen und tritt zusammen mit einer Māori zuerst ein. Wir folgen, nachdem auch wir uns unserer Schuhe entledigt haben.

Jetzt folgen sehr urtümliche Begrüßungsgesänge, mit weit aufgerissenen Augen und eher bedrohlichen Klängen. So in dem Stil, benehmt euch ja gut, sonst setzt es was… 😯.
Nach dem Einfluss der Europäer findet die Gitarre als Begleitinstrument Einzug und verleiht den Gesängen mehr melodische Weichheit und Freundlichkeit.
Danach werden uns verschiedene Kampftechniken des Haka, des Kriegstanzes, vorgeführt. Man achte auf die Mimik!






Zum krönenden Abschluss, kommt das Rausstrecken der großen Zunge. 😛 Wobei sie eher zu Beginn eines Kampfes zum Einsatz kommt. Ich bin bereit zu kämpfen, ich bin stark und mutig, und ich fordere dich heraus, es mit mir aufzunehmen, so die Bedeutung. Heute kommt Geschrei und Mimik beim Rugby-Team der All Blacks nach wie vor zu kraftvollem Einsatz. Auch in good old Germany habe ich schon von Kursen gehört, die mit Hilfe des Haka, Stress und Anspannung der Teilnehmer abbauen wollen. Haka mal andersherum genutzt… Jetzt gibt es noch nen kleinen Bommeltanz der Frauen,…

dann findet die Vorstellung ihr Ende. Draußen gibt’s noch ein paar Gruppenfotos. 📸

Danach besichtigen wir noch das riesengroße Streitboot, welches von mindestens 72 Māori gerudert werden muss. Immer am 6. Februar jeden Jahres, zum Gründungstag der Nation, wird es zu Wasser gelassen.



Aus zwei gigantischen Kauri Bäumen ist dieses Kriegs-Kanu geschnitzt. Zuhause haben wir einen Kauri-Tisch stehen. Der wurde allerdings aus einem ausgebuddelten Sumpfkauri geschnitten.

Eine italienische Firma hat sich diesem Business angenommen. Lebende Kauris sind heilig und ausschließlich den Māori vorbehalten. Gerne möchte ich diese Bäume mal in Natura bestaunen.




Wir laufen jetzt zurück zu unseren Bergeseln 🚲🚲. Der Rückweg steht an, schwitz. Doch einen kleinen Zwischenstopp werden wir noch im Städtchen einlegen, Klaus braucht eine weitere lange Hose, für unsere anstehende Neuseelandreise. In einer hübschen Boutique werden wir fündig. Ein Pullover springt auch noch für mich dabei heraus. 😊 Die australische Boutiquebesitzerin ist super nett, wir kommen sofort ins Gespräch. Na klar ist wieder die Weltumsegelung das Thema. Nach unserer etwas hilflosen Aussage, wir wüssten eigentlich gar nicht genau, wie es nach dieser großen Reise weitergehen soll?, meint sie völlig in sich ruhend, das müssten wir jetzt auch gar nicht wissen, wir sollten überhaupt nicht mehr darüber nachdenken. Wenn es soweit ist, wüssten wir es. Fertig! Also, ihr da draußen, Freunde und Familie, fragt erst gar nicht, wir wissen es nicht. 😉
Aber was wir wissen, ist, wir müssen wieder über die 3 Berge. ⛰️🚲⛰️🚲⛰️ Radelnd und schiebend packen wir die Sache an und erreichen fix und foxi den Supermarkt, geben die Räder ab und gönnen uns noch ein nettes Abendbrot im Marina Restaurant. Es gibt Burger, Krabbencocktail und Knoblauchbaguette, lecker! 😋 Um 20:00 Uhr sind wir wieder an Bord, in Deutschland ist es gerade 9:00 Uhr am Morgen. Lauter liebe Glückwünsche trudeln ein. Alva hat ihre Geburtstagsraketen schon am gestrigen Abend, also an meinem Geburtstags-Morgen gezündet.
Eine Folge „Fargo“ ist auch noch drin und dann geht’s in die Heia. Gute Nacht allerseits, das war ein schöner Tag. 😘
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