Die Brücke ins Nirgendwo

Nach einem durchaus überschaubaren Frühstück,…

der gute Herr Schlumpf müsste eigentlich Superman sein, um all seinen Aufgaben gerecht zu werden, rotiert Daniel in Küche und Frühstücksbereich herum. Warum er alles alleine macht, muss ich noch herausfinden. Jetzt schmeißen wir uns ins Auto und fahren zum Whanganui River Adventure. Durch den Ort Whanganui waren wir ja bereits gefahren. Nun geht’s zum Fluss Whanganui, der auch durch diesen Ort fließt und für die Namensgebung verantwortlich war. Dieser Fluss, mit seinen 290 Kilometern Länge, hatte und hat für Viele und Vieles eine ganz besondere Bedeutung. So ist er für die Māori ein “lebendiger” Vorfahre und bekam 2017 sogar alle Menschenrechte zuerkannt. 🤔 In den zurückliegenden Jahrhunderten war er eine der wichtigsten Transport- und Versorgungsadern der Nordinsel.

Erst fuhren die Kanus der Māori, dann sogar Schaufelraddampfer und heute Speedboats mit Touristen aus aller Welt über das sprudelige Nass. Wir fahren jetzt erstmal zum Veranstalter und laufen dann das letzte Stückchen zum Speedboat.

Und eh wir uns versehen, brausen wir auch schon los.

Es geht hinweg über Stromschnellen und Kiesbetten. Wir halten uns alle gut an den beheizten Haltestangen fest.

Die bewachsenen Steinformationen ragen links und rechts hoch auf.
Höhlen und Einschnitte ins Gestein überall. Gibt es moosige Höhlengeister? Vielleicht?
Alle mal nach rechts schauen, bitte.

Überall sprudelt und rinnt frisches Wasser aus dem Gestein.

Dann geht es in einen der vielen idyllischen Seitenarme hinein.

Und hier werden wir auf Einkerbungen im Gestein hingewiesen.

Was ist das?

Tja, das sind die Spuren der Stecken und Paddel von Māori und frühen Siedlern. Viele Stromschnellen erschwerten das Gegenankommen im Fluss ungemein. So mussten sich die Menschen damals mit ihren Paddeln und Stangen feste am Randgestein abdrücken und mühsam hinaufschieben. Die Spuren erzählen eine Geschichte von Schweiß und Anstrengung. 🥵
Anstrengen? Nein, das müssen WIR uns hier und heute nicht. Wir bestaunen, vom Boot bequem getragen, die schöne Flusslandschaft.

Ausblick und Rückblick.
Vor uns sitzt ne nette, indische Kleinfamilie. Mutter, Vater und Kind.

Alle drei leben aber schon laaange in Neuseeland.
Wir sind jetzt übrigens an dem Punkt angekommen, wo wir aussteigen und unsere Beine wieder selber in die Hand nehmen müssen. Zu Fuß setzen wir nun den Weg fort, zur Brücke ohne Wiederkehr. Upsi, nee, zur Brücke ins Nirgendwo… Eine knappe Stunde führt uns der Weg durch Dschungel und Regenwald auf den Spuren der frühen Siedler. Und auf den Spuren ihres Kampfes gegen einen Wald, der sich nicht bezwingen ließ und schlussendlich die Siedler selber in die Knie zwang. Aber dazu gleich mehr…

Wir tauchen ein in den Regenwald. In einen Wald voller Moose, Farne und Bärte alter Männer. 😳

Das sind die Altherrenbärte und davon gibt es viele.
Figuren mit Federkopf. Oder doch nur schnöde Baumfarne?
Der Weg…
Wachstum und Vergängnis kreuz und quer.
Die Sonne kommt mehr und mehr heraus. ☀️
Roter Fingerhut alias Waldglöckchen. Ein schöner Farbtupfer im vielen Grün.
Da stoßen wir nun auf die ersten Überbleibsel verlorener Zivilisation.
Die Namen der allerletzten Siedler, die sich an ihrem Traum und dem Land, dass ihnen der Regenwald entreißen sollte, bis zu letzt festklammerten.

Was lief hier ab? Was war passiert? Nach dem ersten Weltkrieg wurde zurückkehrenden Soldaten Land zugeteilt. Wobei es sich um unzugänglichen Urwald handelte. Sie sollten dieses Gebiet urbar machen und besiedeln. Wald wurde gerodet, Felder angelegt, Hütten errichtet.

Hier stehen die Namen aller Siedler, die sich den Traum vom Farmleben ermöglichen wollten.

Doch ehrlich? Es war von vornherein eine Totgeburt. Nirgends gab es ebene Flächen, ständig mussten die mühsam geschaffenen Felder gegen den Dschungel verteidigt werden, und dann war man ja auch irgendwo im Nirgendwo. Der nächste Ort war weit. Nur der Fluss war die Verbindung zur Außenwelt. Da half auch der Bau der Brücke nichts mehr.

Architekt und Bauleiter posieren in schwindelnder Höhe.

Zu einer Zeit, wo ein Siedler nach dem anderen seine Parzelle aufgab und kurze Zeit später der 2. Weltkrieg wütete und viele Männer zum Kriegsdienst eingezogen wurden, mussten auch die letzten 5 Familien verzweifelt das Feld räumen. 100,- Dollar Entschädigung erhielten sie vom Staat. Ein Witzbetrag für verlorene Lebenszeit und gestorbene Träume. Und so wurde auch die Brücke der Wildnis überlassen. Niemals wurden noch Straßen angelegt, und so steht diese Brücke mitten im Dschungel, mitten im Nirgendwo und “verbindet” Regenwald mit Regenwald.
WIR haben sie aber immer noch nicht erreicht…

Auch der Weg, der für uns Touristen angelegt wurde, ist in Gefahr abzurutschen und zu verschwinden.
Immer an der Wand lang, hangeln wir uns weiter.
Nur wenige Sonnenstrahlen erreichen den Waldboden.

Da entdecken wir die Brücke über einen der Seitenarme des Whanganui Rivers.

Eine stabile Betonkonstruktion, die die Zeiten überdauert..
Wo ist Klaus?
Blick hinunter.
Fast schließt der Wald sein Blätterdach über dem Mangapurua Strom.

Am anderen Ende machen wir Pause und vespern. 🥪 🧋

Ich mag es gerne, mich in die Leben anderer zu versetzen und vergangenen Zeiten nachzuspüren. Es ist absolut ruhig und friedlich hier. Nur Naturgeräusche dringen an mein Ohr. Eine Miniraupe bannt meinen Blick.

Dann geht es wieder zurück zum Jetboot und zurück zum Ausgangspunkt dieser Tour. Aber nicht ohne ein paar nasse und kreischende Dreher… 🤣.

Wer hatte heute noch nicht geduscht???

Wasser überall!
Überall strullert’s, gurgelt’s und spritzt das kühle Nass in den Fluss.

Wir verlassen nun diese überbordende, grüne Wildnis und machen auf dem Rückweg zur Lodge noch einen Abstecher zum landschaftlichen Gegenteil.

Der aktive Vulkanberg Mount Ruapehu ist unser Ziel. Im Winter gibt’s dort sogar einen richtigen Skizirkus.

Am Fuße des Berges ist noch alles grün und hügelig. Schafe weiden, Blumen blühen.

Dann wird’s schroff und öde.

Hier geht’s zu den Liften.
Nichts wächst, nichts gedeiht. Eine unwirkliche Landschaft aus Stein und Geröll hat hier das Sagen. Und unter alldem schlummert der Vulkan und könnte theoretisch jederzeit ausbrechen. 🌋
Ganz schön alleine sind wir hier. 🤓 Haben wir etwas nicht mitbekommen?

Nein. Die Neuseeländer sind gut vorbereitet auf einen möglichen Ausbruch. Ein sensibles Warnsystem gibt rechtzeitig Bescheid. Na dann…

genießen wir mal die besondere Aussicht.
Jetzt fahren wir mal wieder runter vom Vulkan.
Moose und Flechten halten sich am Überhang fest.

Klaus will unbedingt noch einen Stopp am Wasserfall machen. Ich habe jetzt aber einfach keine Lust mehr und bleibe dickfällig im Auto sitzen. Klaus macht Fotos. 📸

Jippie, hier fällt er runter, nicht Klaus, nein, der Wasserfall. 😎.
Na, das sind doch wirklich schöne Bilder❣️

Jetzt aber wirklich zurück zur Lodge und unserem Schlumpf. 😄

Es wird wieder urban und nette Häuser säumen die Straße.

Überrascht stechen uns mehrere Oldtimer ins Auge. Das Sammeln schöner, alter Autos scheint hier beliebt zu sein. Wieder bei unserer Lodge angekommen…

genießen wir den sonnigen Abend und gehen zeitig ins Bett. Morgen brechen wir wieder auf, um weiterzureisen.
152 Kilometer müssen bis zur nächsten Unterkunft, der Whakaipo Lodge zurückgelegt werden. Gute Nacht Kläusi, schlaf gut im “Kinderzimmer”. Daniel hat mich letzte Nacht nicht gehört, ich habe gar nicht geschnarcht. ✌️

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