Aufbruch❓

Es ist komisch, eben haben wir noch alle bei Ron an Deck gesessen, von schönen Sets und Tellern gegessen, hübsches Besteck und Gläser in Händen gehalten, er hat in seiner Bordküche Leckereien für uns zubereitet, und nun ist alles fort. Alles im tiefen Indischen Ozean versunken….
Ich brauche sicher noch Tage, bis ich das verarbeitet habe. Aber das Leben geht weiter und das von Ron zum großen Glück auch❣️
Heute Abend haben wir Tim und Gwang zum Dinner auf unser Boot geladen. Sie bringen bestimmt wieder leckeren Wein mit. 🍷🍷 Damit können wir ja nicht dienen. Ich werde einen besonders schmatzigen Reis, mit Papayasalat und geräuchertem Tunfisch servieren. Zum Nachtisch Käsekuchen, mit Honig verfeinerten Naturyoghurt und Erdbeeren reichen.
Klaus befasst sich derweil mit unserer Steuererklärung. Seine absolute Lieblingsbeschäftigung. 🙈🙉🙊
Eigentlich will er heute nur noch ein paar Dinge ergänzen und stellt entsetzt fest, die Arbeit von mindestens 5 Stunden ist futsch 😳. All seine mit Mühe eingearbeiteten Belege sind einfach im Off verschwunden. Das es jetzt keinen gewaltigen Schreier gibt, rechne ich ihm hoch an! So ein deprimierender Mist. Das Notebook wird zugeklappt und kurz bevor Tim und Gwang rüberkommen, steht Pascal (Crewmitglied vom cremefarbenen Windjammer Vintage l und jetzt gerade Aufpasser auf Vitalia ll) vor unserem Boot und ist ganz weiß um die Nase. Er fragt, ob wir das von Ron wüssten? Er ist völlig fassungslos. Ich lade ihn spontan ein, mit uns allen zusammen zu Abend zu essen, was er gerne annimmt. Schließlich sitzen wir, nach einer kleinen Bootsshow, alle gemeinsam am Tisch im Salon und essen, trinken, schwatzen, lachen fachsimpeln und diskutieren. Es ist ein schöner Abend geworden.

Am frühen Morgen, kurz nach vier Uhr, steht Klaus an meinem Bett und berichtet von einem sich auftuenden Wetterfenster bei Madagaskar. Er möchte am liebsten Sonntag aufbrechen. Wir haben es Donnerstagfrüh und somit 1 1/2 Tage, um den gesamten Papierkram zu erledigen. Na dann mal los!
Zu allererst schreibt Klaus unserem Agenten, der für die Einfuhr, Verlängerung und Ausfuhr des Bootes zuständig ist. Da der jetzt natürlich noch schläft, ist mit einer Reaktion nicht vor 9:00 Uhr zu rechnen. Gut, wir haben für heute Morgen ja sowieso schon eine Verabredung an der Bootstanke. Wir müssen Diesel auffüllen. Um das zu erledigen, müssen wir ablegen, zur großen Taylor Smith’s Werft schippern und dort den kleinen Anlegersteg der Tankstelle finden. Na dann mal los. Es ist jetzt mittlerweile kurz vor neun. Wir haben einen neuen, alten Nachbarn, die Superyacht Big Fish ist wieder da, und einer von der achtköpfigen Crew hilft uns beim Ablegen. Wir kommen gleich wieder, so in ein, zwei Stunden. Nur dass er Bescheid weiß….
Das Anlegen am Tanksteg klappt, der indische Tankwart hilft und hustet und niest. Was der wohl hat? 🤧 Dann wird aufgetankt. Erst Backbord, dann Steuerbord. Eigentlich will Klaus den Zapfhahn halten und befüllen, ich soll die Anzeige und den Tank unter Deck im Auge behalten. Der Inder will aber selber und was passiert, es läuft mit ordentlichem Gespritze über. Ich kann gar nicht so schnell Stopp rufen, die Wellen tun ihr Übriges und der Inder hält halt volle Pulle drauf. Die andere Seite macht dann Klaus selber und es klappt viel besser. Wir versuchen mit Waschlotion und Wasser aus der Pulle, den Dieselfilm wenigstens etwas wegzubekommen und schippern dann zurück. Eine gute Stunde hat das alles gedauert und was müssen wir sehen? Da liegt ein Boot an unserem Steg. Mensch muss denn das sein??? 😡 Zum Glück ist es recht klein und unser Platz reicht noch gut aus. Tim und Gwang eilen herbei und helfen beim Anlegen. Ich habe die beiden schon richtig ins Herz geschlossen. Schade, dass wir sobald getrennte Wege segeln werden. Aber ein Wiedersehen irgendwo in (Süd)Afrika ist tatsächlich möglich.
Irgendwann gegen 11:00 Uhr hält mir Klaus triumphierend ein Papier unter die Nase. Die Exportation Bill. Mensch Meyer, da war unser Agent aber flott. Ich dachte das ginge so schnell gar nicht. Toll! Dann ab zum Bus und nach Victoria. Wir laufen zum Office, müssen gar nichts mehr sagen, Yuti und wir sind bestens bekannt und bezahlen unseren Agenten und die Ausfuhr. (Agent 2500,- Rupien, Ausfuhr 25,- Rupien) Eine Mitarbeiterin der Agentur ist so begeistert von uns, dass wir unsere Rechnungen immer sooo schnell bezahlen und heute sogar noch vor Rechnungsstellung da sind. Wir wären die besten Kunden! 😁 Nett und weiter geht’s. Wir müssen nun, mit unserer Export Bill, zur SMSA (Seychelles Maritime Safety Authority), um uns dort für unsere Abreise zu bewerben. Ja, richtig. So heißt das hier. Wir laufen im Stechschritt dort hin, ein paar Gebäude weiter und füllen diesen Antrag am Schalter aus. Alle möglichen Daten von Yuti müssen eingetragen werden, die Crewliste und die so wichtige Exportrechnung geben wir ab. Dann werden 200 Rupien fällig und unser Antrag geht in die Bearbeitung. Wir warten. 20 Minuten später halten wir unseren genehmigten Antrag in Händen. Gleichzeitig wurden darüber 37 Adressaten per e-Mail in Kenntnis gesetzt. Wir sollten aber trotzdem auf unsere ausgehändigten Papiere gut achten und noch heute zur Hafenbehörde gehen und die nächsten drei Stationen in Angriff nehmen. Na klar, wird gemacht, vielen Dank und los….
Mit dem Bus ist das nicht zu machen, also laufen wir, so schnell wir können ans andere Ende der Stadt, zum Hafen. Gegen kurz vor zwei Uhr durchschreiten wir die Schranke und betreten den Industriehafen. Zum Glück dieses Mal ohne das Theater um Warnwesten und Arbeitsschuhe. 🤭 Wir sagen, dass wir Yachtis sind und ausklarieren müssen, und durch sind wir. Zuerst laufen wir zum Harbourmaster. Dort müssen wir ja auch unsere große Abschlussrechnung bezahlen. Erfreut nimmt der junge Mann dort schon mal unsere Papiere von der SMSA entgegen, meint aber, er brauche nun etwas von der Immigration. Wir sollen jetzt da mal hin. Gut. Wir sausen ein paar Gebäude weiter und stehen dann in einem klitzekleinen, eiskalten Büro mit einer jungen Dame darin. Sie schaut skeptisch, nimmt unsere Pässe entgegen und guckt in ihren PC. Dann sagt sie, sie könne den Vorgang von der SMSA nicht finden, wir sollen morgen wiederkommen. No…. Jetzt geht’s los. Dummerweise liegen unsere Papiere gerade beim Harbourmaster, aber Klaus hat alles auch auf seinem Handy und zeigt es ihr. Sie meint, schön und gut, aber sie benötige diese Infos in ihrem System, und ohne ihr Papier könnten die anderen beiden Stellen eh nichts machen. Wir könnten ruhig gehen. Nein! Auf unser Drängen ruft sie bei der SMSA an und fragt nach. Ja, die Weiterleitung könne wohl noch dauern. Okay, wir wollen aber warten und setzen uns draußen auf eine Bank vor ihr Büro und beobachten eine Containerbeladung.

Ja, dieses Schildchen “Admin” haben wir noch an der Pforte bekommen, und hinter Klaus ist die wahnsinns Bürotür von unserer Immigration Dame.

Und der nächste…

Fertig und ab dafür.
Eine halbe Stunde später gehen wir wieder in ihre Kammer und fragen nach. Nein, es ist noch nichts da. Mist! Wir holen vom Harbourmaster unsere Papiere zurück, die er aber auf jeden Fall noch braucht und wir sollten sie ja gleich wieder zurückbringen und legen sie der Immigration Dame vor. Aber auch das bringt nichts. Ob wir zu Customs gehen sollen, unsere Frage? Sie wirkt langsam genervt und meint zickig, das können wir wohl tun, aber bringen dürfte es nichts, die bräuchten ja auch was von ihr. Klaus schnappt sich unsere Papiere und wir gehen gerade eine Tür weiter zu Customs. In diesem kleinen Büro sitzen zwei jüngere dicke Männer und eine kräftige Frau, die aber gleich wieder geht. Dem rechts sitzenden Mann, wir glauben, der war damals bei der Ankunft mit auf unserem Boot, geben wir unsere Papiere und erzählen von der Dame nebenan und ihren Internetproblemen. Er schaut auf unsere Zettel, ruft jemanden an, ich höre nur, …Yuti okay…, und er nimmt unsere Zettel und geht mal eben zur Immigration Dame rüber.

Andächtig sitzen wir im total vollgestopften Büro und warten der Dinge, die da kommen, oder auch nicht.

Pass bloß auf, dass der Turm da nicht noch umfällt… 🤭.
Er kommt zurück und meint wir könnten jetzt zur Immigration. Aber wo sind nun unsere Papiere? Nein, auf seinem Schreibtisch liegen sie nicht, oder doch? Nein! Ach, hat er die bei IHR liegen gelassen? Wir gehen im Päckchen rüber und sie liegen auf IHREM Schreibtisch. Puhhh… Und plötzlich kann SIE unsere Sache doch bearbeiten. Ja, sie hätten halt Internetprobleme, gibt sie nun etwas kleinlaut an. Und dann tippt sie Dinge in ihren Computer, blättert in unseren Pässen herum und setzt irgendwann ihre Ausreisestempel rein, mit Datum und Unterschrift. Es ist bereits 15:10 Uhr, wir müssen noch zum Harbourmaster zurück und dann zu Customs. Alle arbeiten bis 16:00 Uhr, nur Customs nicht. Da fällt der Hammer um, wie sagte er, um 15:25 Uhr. Das wird knapp, super knapp. Wir bekommen unsere Pässe, wollen unsere Zettel an uns nehmen, da meint SIE, die brauche sie aber. Hä? Wir aber auch! Könnte SIE nicht eine Kopie für sich machen. Unwillig und in Zeitlupe macht SIE das dann. Wir bekommen unsere Papiere und rennen zum Harbourmaster. Oh Scheiße, hier müssen wir wieder ein Formular mit drei Durchschlägen ausfüllen, 6.750,- Rupien bezahlen und es ist 15:20 Uhr… Beim dritten Durchschlag hat’s nicht durchgedrückt. 🫣 Der junge Mann versucht die Zettel aus dem Block zu reißen und zerreißt dabei fast alles. Der letzte Durchschlag muss handschriftlich ausgefüllt werden. Kopieren geht nicht, und die gesammelten Werke brauchen noch eine Unterschrift aus dem ersten Stock. Frag mich nicht von wem? Ich halte es nicht mehr aus und renne schon mal zu Customs und setzt mich ins Büro. Mein Mann kommt sofort, es fehle nur noch eine Unterschrift ✍️. Unser Mann ist aber recht gechillt und da kommt Kläusi auch schon um die Ecke gerannt. Geschafft!!!! Unser Mann braucht jetzt einen der Durchschläge, der weiße ist für uns und den hellblauen soll ich draußen im Flur in die Ablage legen und die nächste Zeile in der dicken Kladde ausfüllen. Das war’s dann. Und wo ist jetzt unser so wichtiges Papier für den nächsten Hafen, die Port Clearance? Ja, das ist unser Durchschlag, der halb zerrissene, weiße Durchschlag… unsere Port Clearance. 😵‍💫 Na dann… Wir sagen Danke und gehen etwas benommen auf die Straße. Wir haben es geschafft! Wir HABEN es geschafft!! Ein Procedere für das Tim‘s Agent eine Woche veranschlagt hat, haben wir jetzt an einem Tag durchgezogen. Unglaublich! Es ist noch nicht mal 16:00 Uhr. Da können wir ja noch zum Hypermarket gehen, der ist ja hier gleich um die Ecke. Dort hauen wir uns Burger und Wrap rein, nicht spicy aber leider doch scharf und kaufen die nur hier zu bekommende Barbecuesauce, die wir so mögen. Dann noch ein paar andere Dinge und gehen nun den ganzen Weg wieder zurück zur Marina, zu Fuß. 🤪 Mann sind wir geschafft! Klaus tut irgendwie alles weh, Ferse, Rücken, Schulter und ich muss aufpassen, dass ich mich nicht noch auf die Klappe lege… Pühhhhh 😮‍💨

Heute wird proviantiert. Ich zuckel in den Spar und komme mit nem fetten Einkaufswagen 🛒 , voll bis oben hin, wieder zurück. Bis ganz ans Boot, schepper, schepper… Ups, beinahe wäre noch alles abgeschmiert und ins Wasser gefallen bei dem Versuch, den Wagen unter der riesen Festmacherleine von Big Fisch drunter her zu schieben. Alles wird ordentlich verstaut, Klaus setzt die Sicherheitsleinen nochmal neu, ich bringe den Einkaufswagen zurück und bezahle gleich noch Strom und Wasser. Zuvor wurde eine letzte Waschmaschine gemacht, die Wäsche trocknet bereits. Gebe im Marinaoffice auch gleich noch die Karte für die Waschräume ab und verabschiede mich von Miss Piggy in black und Mr Keith, dem gestrengen Manager. Er würde sich freuen, wenn wir ein kurzes Lebenszeichen abgäben, sobald wir Madagaskar erreicht haben. Na klar, machen wir!
Dann sammeln wir noch unseren Müll zusammen, Klaus gibt die Route ein, wir befestigen die Bridle unseres Treibankers für stürmische See, wollen morgen noch das Dinghy festzurren und sind eigentlich ablegebereit. Leider zieht das Wetterfenster zusehends zu und die Bedingungen werden wieder schlechter. Wir stellen uns schon mal darauf ein, dass wir bei der letzten, außenliegenden Seychelleninsel vor Anker gehen werden und auf ein möglicherweise besseres Wetterfenster warten.
Plötzlich fällt Klaus ein, wir brauchen ja auch noch Visa für Madagaskar und stößt den Prozess per Internet an. Eine Woche Vorlauf benötigt das ganze, Baum 🙄. Ach wer weiß, wie lange wir wirklich bis Madagaskar brauchen…

Letzter Tag vor Abreise, die Anspannung steigt! Klaus geht nochmal ins Wasser, um Logge und Blitzableiter zu säubern. Just in dem Monent, legt Big Fish neben uns ab. Ausgerechnet jetzt, muss denn das sein? Egal, Klaus ist eh soweit fertig. Ich noch nicht. Muss mich noch waschen, anziehen, Müsli zubereiten. Derweil befestigt Klaus mit Zusatzleinen das Dinghy. Mensch, ist das ein Geknote…

Die gelbe Leine gehört schon zur Drogue.
Ein letztes Mal geht es zu unserem Eisrestaurant. Wir teilen uns wieder eine Pizza 🍕, trinken Seyperl Bitter Lemon und Eistee und zum Nachtisch gibt’s unser Standardeis. Zitrone für Klaus, Nutella für mich. 🍧🍧 Kosten: 625,- Rupien. Ich habe noch 650,- Rupien, passt! Wir hauen alles auf den Kopf. 😆 Unsere nette junge Kellnerin ist traurig, dass wir jetzt gehen und wünscht sich, uns wiederzusehen, lieb ❤️. Ja, wir finden es auch schade und sagen ihr noch, dass wir es hier sehr schön fanden und uns durchaus vorstellen könnten, hier zu leben. Mal sehen….
Hürgen kommt noch vorbei, um tschau zu sagen. In seiner Sache ist mal wieder Stillstand eingetreten. Sehr unschön!! Ich bin ja mal gespannt, ob wir uns in Südafrika wiedersehen werden? Schön wär’s!
Die letzte ruhige Nacht in der Marina, in unseren kuscheligen Kojen steht an, bevor es wieder im Salon zu kurzen Schlafphasen kommen wird. Gute Nacht Herr Kapitän, gute Nacht Smutje. 🥱😴

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